Geography Reference
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planung und anderen Bereichen als Vorbild für transna-
tionale Kooperation in Europa angesehen. Wichtige
Kernpunkte des gemeinschaftlichen Handelns ergeben
sich aus dem fragilen Ökosystem der Ostsee und der aus
EU-Sicht eher peripheren Lage ihrer Anrainerstaaten.
Die vier Säulen, auf die sich die Ostseeraumstrategie
stützt, sind Umweltschutz, Steigerung des Wohlstands in
der Region, Verbesserung der Zugänglichkeit und der
Attraktivität der Region sowie Gewährleistung der
Sicherheit und des Schutzes in der Region. Die Umset-
zung der 15 Handlungsfelder und mehr als 80 strategi-
schen Projekte soll, anstatt auf einer starren geographi-
schen Abgrenzung, je nach thematischer Zielsetzung für
funktionale Regionen flexibel definiert werden. Obwohl
ein solcher geographisch flexibler Ansatz begrüßenswert
ist, um den viel diskutierten Schwachpunkten adminis-
trativer Grenzen gegenüber den zunehmenden funktio-
nalen Verflechtungen von Regionen besser entsprechen
zu können, wirft er doch auch Fragen auf, was die prak-
tische Umsetzung angeht (Dühr 2011). Ob die Ostsee-
raumstrategie die Erwartungen, die an ihre koordinative
Funktion gestellt werden, erfüllen kann, wird sich eben-
falls erst in einigen Jahren bewerten lassen. Zusammen-
fassend lässt sich jedoch feststellen, dass die EU sich zu
einem System von Regionen unterschiedlicher Defini-
tion, auf unterschiedlichen Ebenen, zu verschiedenen
Zwecken und mit teils überlappenden Territorien zu
entwickeln scheint, in dem bottom-up -Strategien zuneh-
mend mit den Strategien nationaler Akteure und der
EU-Institutionen verknüpft sind.
Abb. 4.26 Die erste EU-Makro-regionale Strategie für den
Ostseeraum: Jahresbericht Oktober 2010 (Quelle: Europäische
Union).
viele Maßnahmen zielen auf eher „sanfte“ Auswirkun-
gen, wie zum Beispiel gemeinsame Raumentwicklungs-
strategien ab, anstatt auf „harte“ Infrastrukturinvestitio-
nen. Darüber hinaus gibt es deutliche Unterschiede
sowohl zwischen den Grenzregionen als auch innerhalb
der transnationalen Regionen, was die Kooperationstra-
dition sowie kulturelle, rechtliche und institutionelle
Unterschiede angeht. Eine lang bestehende Kooperation
wie die entlang der deutsch-niederländischen Grenze
kann somit nur schwer mit einem „jungen“ Koopera-
tionsraum wie zwischen Ungarn und Rumänien ver-
glichen werden.
Um dem wachsenden Koordinationsbedarf im
Multi-Ebenen-System der erweiterten EU und den
funktionalen Verflechtungen zwischen Regionen besser
gerecht werden zu können, werden seit 2009 EU-Strate-
gien für ausgewählte Makroregionen getestet. Die erste
EU-Strategie wurde für den Ostseeraum erstellt (Abb.
4.26), eine zweite wurde für den Donauraum im Jahr
2010 verabschiedet, und weitere sind im Gespräch. Der
Ostseeraum ist auch einer der 13 transnationalen
INTERREG-IVB-Kooperationsräume (Abb. 4.25), und
wird wegen seiner gut etablierten zwischenstaatlichen
Kooperationsstrukturen im Umweltschutz, der Raum-
Geodesign für Europa
Stefanie Dühr und Hans Gebhardt
Europäisierungs- und Globalisierungseffekte und die
zunehmende Verflechtung von Städten und Regionen
haben in den vergangenen Jahrzehnten zu zahlreichen
Darstellungen der Raumstruktur Europas geführt. Sol-
che Abbildungen haben entweder raumanalytischen
oder -prognostischen Charakter (d. h. stellen eine Ana-
lyse der derzeitigen Raumstruktur dar oder Szenarien
für die zukünftige Entwicklung), oder sind normativer
Art (d. h. stellen eine gewünschte Vision der zukünftigen
Raumstruktur dar; Dühr 2007). Viele dieser Abbildun-
gen sind kartographisch stark generalisiert, attraktiv
gestaltet und auf eine Botschaft oder wenige zentrale
Botschaften konzentriert - im deutschsprachigen Raum
als Geodesign bezeichnet -, was sie sehr einprägsam
macht und die Kommunikation über Sprach- und kul-
turelle Barrieren hinweg in Europa ermöglicht (Kunz-
mann 1993). Da die EU keine offizielle Raumplanungs-
kompetenz hat und Diskussionen über die zukünftige
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