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Paradies Deutschland bedeutet. Doch
auch hier gilt, dass alles, was man sagen
kann, letztlich nur die halbe Wahrheit
ist. Es gibt ja nicht nur Berufsgigolos in
den Ferienzentren - aber eben sehr
viele …
Mit diesem Tage ist er aufgenom-
men in die Welt der Männergesell-
schaft. Einen solchen klar markierten
Übergang in den Erwachsenenstatus
erleben Mädchen nicht. Sie müssen
sich ihren Zugang zur Öffentlichkeit
selbst erkämpfen und werden im
Gegenteil eher misstrauisch dabei
beobachtet.
Flucht ins Teehaus
Vor allem in kleineren Dörfern lässt
sich die strikte Trennung von Frauen-
und Männerräumen beobachten. Die
Männer sind auf Straßen und Plätzen
und vor allem im Teehaus präsent. Das
çayhanesi bildet den Mittelpunkt der
Männerwelt; dort spielt man Karten
oder okey , eine Art Ablegespiel mit
Zahlensteinen, man redet über Ge-
schäfte, darf Zoten erzählen und
rauchen. Eine Frau würde eine solche
Teestube nie betreten.
Andererseits haben die Männer
tagsüber in den privaten Räumen des
Hauses nichts zu suchen. Dort treffen
sich die Nachbarinnen, um bei einem
Schwatz gemeinsam zu arbeiten. In
dieser weiblichen Welt sind die
Beziehungen meist persönlicher, soli-
darischer, liebevoller als unter den
Männern, die stets und ständig ihre
Ehre beweisen müssen.
Zwei Welten:
Stadt und Land
Die Unterschiede zwischen dem Leben
in den Städten und in den Dörfern
wirken für viele Besucher oft wie ein
Schock. In den Taurus-Bergen, kaum
eine Autostunde von den komfortab-
len Hotelburgen entfernt, findet man
sich zwischen Holzhäusern wieder, vor
denen die Frauen auf offenem Feuer
das sac böreği (sprich sadsch böreji ),
das hauchdünne Fladenbrot der No-
maden, backen.
Doch auch die innertürkische Migra-
tion führt dazu, dass unterschiedliche
Lebensstile aufeinanderprallen: Die
Baumwollindustrie und die aufstreben-
den Städte an der Südküste bieten Ar-
beitsplätze für viele Einwohner Ana-
toliens und der östlichen Landesteile,
vor allem Kurden. Dies zwingt das Land
zu einer ungeheuren Dynamik, die
man sich in Deutschland kaum vor-
stellen kann. Vor allem in Antalya,
Serik, Manavgat und Alanya wuchsen
in den letzten Jahren gewaltige
Vorstädte aus monotonen Apartment-
blocks aus dem Boden. Diese Städte
verdoppeln ihre Einwohnerzahl in
kaum zehn Jahren, überall wird
gebaut, nichts bleibt, wie es war. In-
zwischen sind knapp die Hälfte aller
Türken unter 25 Jahre alt, 25 % unter
15 - für sie alle müssen Wohnungen,
Schulen und Jobs geschaffen werden.
Beschneidungshochzeit
Den Höhepunkt und gleichzeitig das
Ende des Knabenlebens bildet die sün-
net düğünü, wörtlich Beschneidungs-
hochzeit, im Alter von etwa sechs oder
sieben Jahren. Der angehende Mann
wird wie ein Prinz gekleidet und wie
bei einer Hochzeit durch den Ort
gefahren. Der hoca, der Dorfgeistliche,
nimmt die durchaus schmerzhafte Ope-
ration vor, als Lohn der Tapferkeit wird
der Knabe dann reich beschenkt.
 
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