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de, würde ich ihn für meine Mum kaufen, weil mein Dad immer so tollpatschig ist und ih-
ren Nippes zerdeppert, und der Kopf ist nun mal das Erste, was bei so einer Figur abbricht.
Zumindest diese Götterfigur könnte er gleich ein paarmal fallen lassen, bevor meine Mum
sie wegwerfen müsste.
Ein anderer Zeitschriftenartikel handelte von einem Mann hier auf dem Festival, der sei-
nen Arm seit zwölf Jahren in die Luft hält. Inzwischen ist seine Armmuskulatur verküm-
mert, und die Fingernägel sind unfassbar lang. Irgendwie kommt mir das verschwenderisch
vor, wo doch so viele Leute in Indien eine Extremität weniger haben als andere.
Dann rief Steve an, vermutlich um mich aufzumuntern.
STEPHEN: Wie läuft's, mein Freund?
KARL: Hmm, also, ich hatte schon mal schönere Ferien …
STEPHEN: Du machst doch keine Ferien ! Du bist nicht im Urlaub , mein Lieber, denk
dran! Du bist auf einer Reise . Wir haben dich für ein TV -Reiseformat um die ganze
Welt geschickt und nicht für einen lächerlichen Urlaub.
KARL: Ich weiß, ich weiß. Aber ein bisschen Entspannung wäre schon nett gewesen.
Schau dir doch nur andere Reisende an. Irgendwie sehen die alle glücklicher aus,
als ich es bin. Mehr will ich dazu auch gar nicht sagen. Ich hab schon eine ganze
Reihe Tiefpunkte gehabt, mehr denn je in meinem Leben.
STEPHEN: Was waren denn bisher in Indien deine Tiefpunkte?
KARL: Wo soll ich anfangen? Ich bin in Farbe ersoffen. Überall sind Behinderte. Ich
hab die Scheißerei. Noch Fragen?
STEPHEN: Weshalb bist du in Farbe ersoffen? Ist irgendwo ein Farbeimer runterge-
fallen? Was meinst du damit? Bist du unter einer Leiter durchgegangen, und der
Maler hat dich mit Farbe übergossen?
KARL: Das machen die hier wohl so. Keine Ahnung, vielleicht hatten die einen Rest-
posten mit buntem Pulver übrig oder so, und auf diese Weise werden sie es am
leichtesten wieder los. Man hat ja manchmal Sachen rumstehen, die man loswer-
den will. Zum Beispiel diese blöde »Fünf Portionen Obst am Tag«-Regel. Diese
Regel existiert doch nur, weil es viel zu viel Obst auf der Welt gibt.
STEPHEN: Verstehe. Aber eigentlich klingt das alles doch ganz nett. Die Leute haben
dich in ihr Leben eingelassen. Das ist doch interessant.
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