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mal eine Fernsehreportage über den Tod machen, aber mit wem auch immer ich darüber
geredet habe: Jeder Einzelne winkte ab. Die Leute wollten so etwas nicht sehen. Es ist an
der Zeit, dass wir etwas unternehmen, damit die Menschen sich weniger trübe Gedanken
darüber machen.
Ich nehme an, das Bild vom Sensenmann, mit dem wir den Tod darstellen, ist in dieser
Hinsicht nicht gerade hilfreich. Ich meine, das ist wirklich ein ziemlich düsterer Zeitgenos-
se. Warum muss dieser Überbringer einer schlechten Nachricht eigentlich selbst so schlecht
gelaunt aussehen? Mein Postbote bringt doch auch nichts als schlechte Nachrichten in
Form von Rechnungen, aber der ist beispielsweise kaum zu bremsen und redet ohne Punkt
und Komma. Vielleicht macht Gevatter Tod seinen Job aber einfach auch nur schon zu lan-
ge. Diese Kapuzenkutte abzulegen wäre doch mal ein guter Anfang.
Das Hotel gefällt mir, es ist sogar ziemlich nobel. Die Handtücher im Bad sind zu einer
Schwanenfamilie gefaltet. Ich frage mich, ob sie an unterschiedlichen Tagen unterschiedli-
che Tiere falten. Ich werde ein Auge darauf haben.
DIENSTAG, DEN 6. APRIL
Heute habe ich Eugene kennengelernt, der kam, um mich abzuholen und mit mir ein paar
Charros zu besuchen. Charros sind mexikanische Cowboys, die Pferdeshows veranstalten.
Ich kann nicht behaupten, dass ich mich darauf gefreut hätte. Nicht einmal als kleiner Jun-
ge habe ich gern Cowboy gespielt. Mit ungefähr fünf hatte ich mal ein Cowboy-Kostüm,
aber auch nur, weil die Batman-Kostüme in dem Faschingsladen ausverkauft waren. Ich
habe nicht mal Jeans getragen, bis ich siebzehn Jahre alt war, weil ich Jeans unbequem
fand. Und ein Pferd ist erst recht zu viel des Guten. Sie fressen einem die Haare vom Kopf
und kosten ein Vermögen. Ein Mädchen, das früher in unserer Nachbarschaft zwei Türen
weiter wohnte, hatte ein Pferd, konnte sich aber nicht ausreichend darum kümmern. Sie
konnte sich auch keinen Stall leisten, also hielt sie es bei sich zu Hause. Ich habe es einmal
in ihrem Flur gesehen, als ich von Haustür zu Haustür tingelte, um Setzlinge zu verkaufen
und mir so ein bisschen Taschengeld dazuzuverdienen.
Ein weiterer Grund dafür, dass ich mich nie für Pferde erwärmen konnte, war, dass mein
Dad der Ansicht war, John Wayne sei kein guter Schauspieler gewesen, sodass bei uns zu
Hause höchst selten Western im Fernsehen liefen. Oh, und dann war da ja auch noch diese
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