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glatzköpfigen Mann tanzte. Womöglich konnte sie in ihrem Alter einfach nicht mehr allzu
gut sehen und hatte mich mit ihm verwechselt. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie man
in dieser verrückten Stadt überhaupt so alt werden kann.
MONTAG, DEN 5. APRIL
Heute früh habe ich einen Blick auf ein paar Lokalzeitungen geworfen. Sie alle hatten echt
gruselige Bilder auf der Titelseite. Ein großes Foto zeigte einen Autounfall mit Leichen,
ein anderes einen alten Mann, der sich in den Kopf geschossen hatte. Wenn bei uns daheim
auf der Titelseite einer Zeitschrift steht: »Achtung, schockierende Fotos!«, dann handelt es
sich in aller Regel um ein Bild von Charlotte Church, die mit einem Pickel am Arsch an
irgendeinem Strand liegt. Aber ich nehme mal an, dass solche Bilder irgendwann keinen
allzu großen Schockeffekt mehr haben, wenn man täglich mit derlei Grausamkeiten kon-
frontiert wird, und man wird gegen die Gewalt immun.
Auf den Titelseiten der Zeitungen war auch ein Bild von Chichén Itzá abgedruckt - und
zwar mit einem Foto von Elton John daneben. Er hatte dort ein Konzert gegeben.
Und dorthin waren auch wir unterwegs.
Wir waren zuvor nach Cancún geflogen, was näher an Chichén Itzá liegt. Auf dem Weg
zum Hotel machten wir Halt bei einem Friedhof. Wenn Suzanne und ich einen Wochenend-
ausflug machen, gehen wir oft auf Friedhöfe und sehen uns an, wie alt die Leute geworden
sind. Dieser Friedhof sah allerdings ganz anders aus als diejenigen, die ich bislang besich-
tigt hatte. Bunt war gar kein Ausdruck. Die Gräber waren in Blau-, Pink-, Gelb- und Rottö-
nen bemalt. Sie sahen eher aus wie die Strandhütten in Kent. Und man schien dort ganze
Großfamilien beerdigt zu haben. Ein paar der Grabstätten waren größer als die Wohnung,
in der ich früher mal gewohnt habe. Ich fand es schön. Warum muss ein Friedhof immer
grau und gruselig aussehen? Andreas, der uns bei den Filmaufnahmen begleitete, erzählte,
dass es in Mexiko einen »Tag der Toten« gebe, eine Art große Totenfeier, zu der man sogar
freibekommt, um toter Freunde und Familienmitglieder zu gedenken. Angesichts all der
Gewalt hier in Mexiko haben sie wahrscheinlich ziemlich viel zu gedenken. Ich mag die-
se Totentagsidee. In England haben wir einen Pfannkuchentag, an dem jeder Pfannkuchen
isst. Warum eigentlich nicht einen Tag für die Toten? Ich kann mir nicht erklären, warum
wir Engländer so ein großes Problem damit haben, über den Tod zu sprechen. Ich wollte
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