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werden sollte. Carlos erzählte, in vielen Regionen Mexikos sei es längst verboten, weil es
so viele Todesfälle gegeben habe. Dann kam Jamie, der Producer, von draußen herein. Er
sah verstört aus. Ich wollte von ihm wissen, was denn los sei, aber er gab keine Antwort.
Dann fragte er mich, ob ich mitmachen und mit einem Pappbullen auf dem Kopf die Stra-
ße runterrennen wolle, während die Böller in die Luft gingen. Ich winkte ab. Nachdem ich
den einäugigen Böllerbastler gesehen hatte, war mir die Lust auf dieses Fest vergangen.
Ich fragte Carlos, ob er denn teilnehmen werde. Es stellte sich heraus, dass Carlos sich
normalerweise an diesem Tag daheim einschloss, weil es draußen auf der Straße durchaus
gefährlich werden konnte, und seine Eltern meinten nur, dass sie üblicherweise über das
Festwochenende verreisten und nur hiergeblieben seien, weil sie mich hatten kennenlernen
wollen.
Draußen auf der Straße tummelten sich inzwischen um die dreihundert Menschen und ei-
ne Riesenpappmascheekuh, die über und über mit Böllern beklebt war. Die Leute kippten
sich eimerweise Flüssigkeit über. Zuerst dachte ich, vielleicht wäre es Benzin, und die Leu-
te wollten es wirklich drauf anlegen - aber Carlos erklärte mir, dass es Wasser sei und die
Menschen damit verhindern wollten, selbst Feuer zu fangen. Lunten wurden angezündet,
und die Leute nahmen die Beine in die Hand. Ich versteckte mich hinter einem Mauervor-
sprung, bis das Feuerwerk vorüber war. Dann teilte ich Jamie mit, dass es Zeit sei zu gehen.
Aber noch während ich die Straße entlangging, hörte ich Menschen schreien, drehte mich
um und sah, dass sozusagen das komplette Viertel hinter mir her war. Ich rannte los. Carlos
schloss zu mir auf, und wir flüchteten in ein Haus, das seinem Cousin gehörte. Er schlug
vor, am besten aufs Dach zu steigen, dort seien wir sicher.
Was in aller Welt hatte das alles mit Ostern zu tun?
Wir blieben gute zwei Stunden auf dem Dach und wichen den Feuerwerkskörpern aus.
Irgendwann ließ die Böllerei nach; wahrscheinlich hatte der einäugige Feuerwerkmacher
nicht mehr Bastelmaterial dabeigehabt. Endlich konnten wir uns wieder auf den Weg ma-
chen.
In einem Lokal in der Nähe gingen wir essen. Das Ambiente war ganz nach meinem Ge-
schmack: überwiegend alte Leute. Es gab sogar eine Liveband, die nette, fröhliche Musik
spielte, zwar alles auf Mexikanisch, aber es klang trotzdem gut. Aber wer weiß, vielleicht
sangen sie ja auch von einem, dem der Kopf abgeschlagen wurde, wie in dem Lied, das
Edgar mir übersetzt hatte. Ich saß da und sah den alten Leuten zu, wie sie tanzten, und aß
Kekse, die auf dem Tisch gestanden hatten, bis eine alte Frau zu mir rüberkam und mich
zum Tanzen aufforderte. Ich dachte, vielleicht wäre sie vielleicht seit Kurzem Witwe, und
tat ihr den Gefallen, aber schon fünf Minuten später sah ich, wie sie mit einem anderen
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