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insbesondere die intellektuelle Isolation der Ghettos der schwar
zen Bevölkerung aufzuheben, wurden die Schüler mit Bussen zu
Schulen auerhalb der eigenen Nachbarscha gebracht. Da viele
Eltern befürchteten, dass die schwarzen Schüler das Niveau der
Schulen senken würden, und da ein Transport über die Gren
zen der Schuldistrikte nicht erlaubt war, zogen viele Weie in
den suburbanen Raum. Diese Entwicklung wurde als white ight
bezeichnet. Erst seit den 1980erJahren zogen die Angehörigen
ethnischer Minderheiten zunächst zögerlich und dann immer
häuger von den Kernstädten in das Umland der Städte. Gleich
zeitig wählten Neueinwanderer zunehmend die suburbs als ersten
Wohnsitz (Fishman 1987, S. 183; Glaeser 2011a, S. 90).
Bereits im 19.  Jahrhundert waren die ersten homeowner
associations (HOA) gegründet worden, die sich in den 1960er
Jahren auf breiter Front durchsetzten. Alle späteren Bewohner
einer master planned community müssen noch vor dem Kauf
der Grundstücke oder Immobilien den HOAs beitreten. Nach
der Fertigstellung werden die Siedlungen durch die Eigentümer
selbst als common interest developments (CIDs) (Gemeinschas
eigentum) verwaltet, ein Teil dieser neighborhoods wird als gated
communities angelegt und nur über eine einzige Strae erschlos
sen. Ähnlich den in Deutschland bekannten Teilungserklärungen
und Gemeinschasordnungen in Wohnhäusern mit Eigentums
wohnungen regeln die CIDs die Eigentumsverhältnisse und die
Finanzierung des Gemeinschaseigentums sowie die Rechte und
Pichten der Bewohner verbindlich. Sie sind allerdings sehr viel
weitreichender, als dieses in Deutschland üblicherweise der Fall
ist. Die HOAs können festgelegen, dass keine Autos in den Ein
fahrten parken dürfen, die Garagentore stets zu schlieen sind,
alle Vorhänge blau sein und Blumen im Vorgarten rot blühen
müssen, dass das Auängen von Wäsche im Garten verboten
ist und Spielgeräte im Freien aus Holz sein müssen. Darüber hi
naus organisieren sie o eigenständig die Müllabfuhr oder die
Straenreinigung sowie die Überwachung der neighborhoods
und entlasten so die kommunalen Kassen. Eine master planned
community wird für eine bestimmte Zielgruppe oder genauer
Einkommensklasse geplant. Wohlhabende Käufer werden durch
groe Grundstücke mit groen Häusern angezogen, während
man subdivisions für die weniger nanzkräigen Käufer in viele
kleine Grundstücke unterteilt. Um Kosten zu sparen, wird im
Extremfall nur ein einziger Haustyp in einer neighborhhood ge
baut. Seit 1948 ist es nicht mehr möglich, Angehörige bestimmter
Ethnien auszuschlieen, aber es darf ein Mindestalter für die Be
wohner festgelegt werden, was eine wichtige Grundlage für den
Bau von Seniorensiedlungen darstellt. HOAs und CIDs haben
die Segregation und Fragmentierung der amerikanischen Stadt
landscha gefördert. Paradoxerweise sehen die Amerikaner die
Freiheit als ihr höchstes Gut an, unterwerfen sich aber gleichzei
tig freiwillig strikten Regeln des Zusammenlebens und setzen die
durch die Verfassung und späteren Zusätze garantierten Grund
rechte so auer Kra (Lichtenberger 1999, 32 f.; McKenzie 1994,
1838; Rybczynski 1996, S. 182).
Eigenen Angaben zufolge ist heute der Texaner D. R. Horten
der gröte developer von Wohnimmobilien in den USA. Hor
ton hat in 26 Bundesstaaten neighborhoods angelegt und allein
im Jahr 2010 knapp 19.000 Wohnhäuser fertiggestellt (   www.
DRHorton.com ). Master planned communities, die in den vergan
genen Jahren besondere Aufmerksamkeit erregt haben, waren
das durch die Disney Company in Florida errichtete Celebra
tion und die ebenfalls in Florida angelegte Siedlung Ave Maria
durch den Gründer von Domino's Pizza. Den Mittelpunkt von
Ave Maria bildet eine katholische Kirche, um die alle anderen Ge
bäude, darunter eine katholische Universität, errichtet wurden.
Ave Maria soll ein Leben auf der Grundlage katholischer Werte
ermöglichen. Da es in den USA nicht möglich ist, Menschen
aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit auszuschlieen, darf An
dersgläubigen der Zuzug aber nicht verwehrt werden, falls sie es
wirklich möchten (   www.avemaria.com ).
2.2.4
Suburbane Welten und Lebensstil
In den vergangenen Jahrzehnten ist die ursprüngliche Idee eines
utopischen Lebens im suburbanen Raum in neuer Form wieder
auferstanden. Idealisierte Welten werden simuliert und nicht
selten hinter Mauern bei gleichzeitig vollständiger Regulierung
aller Lebensbereiche realisiert. Die Menschen sind nur über Ver
träge miteinander verbunden, ansonsten gibt es keine sozialen
Beziehungen zu den Nachbarn und es fehlt jederlei Verantwor
tung für die Gemeinscha (Knox 2005, 37). Namen wie King
Farm wecken die Assoziation an ein Leben in der Natur, selbst
wenn die Farm für den Bau der austauschbaren neighborhood
zerstört wurde. In King Farm unweit von Washington, D.C., sind
alle naturnahen Elemente wie kleine Bäche gezähmt und erin
nern eher an englische Landschasparks als an eine wilde Natur.
Wohnhäuser knüpfen an historische Vorbilder an und werden
im Stil des colonial revival oder Tudor gebaut. Die Namen der
master planned communities wie die ihrer Teilbereiche dienen
in erster Linie der Vermarktung (Gerhard und Warnke 2007).
Master planned communities tragen o Namen wie Vineyards
Fields, Old Farm Road oder Heritage Hills, die eine Anknüp
fung an historische Orte vortäuschen, wie es sie an dem betref
fenden Standort in der Regel aber nie gegeben hat (Gratz und
Mintz 1998, S. 139). Die überdimensionierten Wohnhäuser in
vielen Siedlungen werden für die kapitalkräigen Aufsteiger der
new economy gebaut, die es als selbstverständlich erachten, in
neighborhoods mit allen nur erdenklichen Annehmlichkeiten
bei gleichzeitiger Verbannung aller Unannehmlichkeiten wie
Kriminalität, Verfall und Verkehr zu leben. Einfamilienhäuser,
die 2010 gebaut wurden, hatten eine durchschnittliche Wohnä
che von 222 m 2 . Knapp 40 % der Häuser hatten wenigstens vier
Schlafzimmer, obwohl auch in den USA die Familien kleiner
werden (   www.census.gov ). Knox (2005) bezeichnet die Häuser
des suburbanen Raums mit ihren riesigen Eingangshallen und
überdimensionierten Räumen als vulgär und die neighborhoods,
in denen diese Häuser konzentriert sind, als vulgaria, während
Kotkin (2001, S. 144) den Begri nerdistan in Anlehnung an
die hier lebenden nerds (sozialisolierte Computerenthusiasten)
vorzieht.
Mit wachsender Entfernung zur Kernstadt nehmen die
Grundstückspreise ab. Eine Folge ist, dass Richtung äuere Pe
ripherie die einzelnen Parzellen immer gröer werden (Jackson
1985, S. 7). Die metropolitan areas sind über Jahrzehnte in die
Fläche gewachsen, und es besteht kaum Zweifel daran, dass die
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