Civil Engineering Reference
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Bauprojekte unterscheiden sich wesentlich von anderen Produktionssparten. Sie wei-
sen in allen Produktionskomponenten Unikatcharakter auf. Das Bauwerk ist ein Unikat-
produkt, das Planungsteam ist ein Unikatteam, die beauftragten Baufirmen bilden ein
Unikatkonsortium, die Baustelle als Produktionsstätte ist eine Unikatstätte, der Baupro-
zess ist ein Unikatprozess mit einem hohen Anteil an handwerklicher Arbeit. Zudem ist
die Produktionsstätte Baustelle nicht stationär, sondern verändert sich kontinuierlich mit
dem Baufortschritt, da das Bauwerk gleichzeitig die Flächen für die Produktion und die
Logistik zur Verfügung stellt. Der Wiederholungscharakter ist daher im operativen Ge-
schäft sehr gering. Erst auf einer hohen Abstraktionsebene und über Projektgrenzen hin-
weg, aber auch in Details werden Wiederholungsmerkmale sichtbar. Diese in Form von
Referenz- und Prozessmodulen zu beschreiben, um sie wiederholt in Vorgangsbeschrei-
bungen einsetzen zu können, erfordert nicht nur schnelle Instanziierungsmethoden, son-
dern vor allem auch schnell erfassbare Visualisierungsmethoden, um die hochkomplexen
Zusammenhänge transparent und begreifbar zu machen. Aus diesem Grund können effi-
ziente IKT Methoden aus anderen Industriezweigen nicht einfach angewendet, sondern
müssen innovativ in den Unikatkontext des Bauwesens übertragen, erweitert, modifiziert
und durch neue Methoden und Verfahren ergänzt werden.
Derzeit werden einzelne Aspekte von Managementführungssystemen von den verschie-
denen Projektbeteiligten in aktuellen Bauprojekten durch proprietäre Fachanwendungen
für ihren speziellen Bedarf eingesetzt. Die Modellbildung einer Fachanwendung ist auf
einen ganz speziellen Bedarf ausgerichtet und erfolgt normalerweise nur auf einer Ebene
der Informationsmodellierung, d. h. einer Modellebene Level of Detail, LoD. Die Mo-
delle der verschiedenen Fachanwendungen sind strukturell nicht ineinander überführbar
und zudem semantisch und formal nicht interoperabel. Es sind Insellösungen (Abb. 1.1 ).
Als Konsequenz sind jedes Modell, jeder Prozess und damit jeder Teilprozess und jedes
Analysemodell immer wieder von neuem zu erstellen. Die Modellpflege ist für jedes Mo-
dell neu zu erbringen. Dies bedingt einen extrem hohen Zeit- und Kostenaufwand, der
dazu führt, dass heute nur ausgewählte Prozesse oder Teilprozesse in wenigen großen oder
hochspezialisierten Firmen wirtschaftlich durch singuläre Fachanwendungen, die spezi-
elle Aspekte eines Managementführungssystems abbilden, unterstützt werden und viel zu
wenige projektbegleitende Analysen durchgeführt werden. So können z. B. Simulatio-
nen für die Entscheidungsfindung bei Störungen des Bauablaufs nicht eingesetzt werden,
da die Wartezeit, die sich durch den Zeitbedarf für die Aufstellung eines Simulations-
modells ergibt, d. h. für die Informationssammlung und die Prozessablaufmodellierung
sowie deren Abbildung in ein Simulationsmodell, den verfügbaren Zeitrahmen sprengt.
Zudem sind die Kosten, bedingt durch die Insellösung, meist höher als der erwartete Nut-
zen einer Variantenuntersuchung durch Simulation. Auch aufgrund der Datenfülle und des
Erhebungsaufwands im Planungsbüro wie auch auf der Baustelle und der Inter- bzw. Intra-
komplexität der Prozesse gibt es weder projektübergreifend integrierte, noch hochwertige,
noch intelligente Managementführungssysteme. Es gibt zwar eine Vielzahl singulärer Si-
mulationswerkzeuge sowie die auf alphanumerische Darstellung reduzierten, um einfache
Geschäftsgraphik ergänzten und auf Data Warehouse Methoden basierenden Unterneh-
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