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Diese Dreiteilung ist auch für die Argumentation in diesem Buch nützlich.
Popper meint mit der Welt 3 nämlich auch die Sphäre der Kultur:
»Viele Gegenstände der Welt 3 existieren in der Form materieller Körper und gehören
in gewisser Hinsicht sowohl zu Welt 1 wie zu Welt 3. Beispiele sind Skulpturen,
Gemälde und Bücher wissenschaftlicher oder literarischer Art. Ein Buch ist ein phys-
isches Ding und gehört daher zu Welt 1; was es aber zu einem bedeutsamen Erzeugnis
menschlichen Denkens macht, ist sein Inhalt: das, was in den verschiedenen Aulagen
und Ausgaben unverändert bleibt. Dieser Gehalt gehört zu Welt 3.«
Und er fährt fort:
»Eine meiner Hauptthesen ist, dass Gegenstände der Welt 3 wirklich […] sein können:
nicht nur in ihren Materialisationen oder Verkörperungen von Welt 1, sondern auch
unter dem Gesichtspunkt von Welt 3. Als Gegenstände der Welt 3 können sie
Menschen dazu veranlassen, andere Dinge der Welt 3 zu schafen und dadurch auf
Welt 1 einzuwirken; und die Wechselwirkung mit Welt 1 - selbst die indirekte Wechsel-
wirkung - halte ich für ein entscheidendes Argument dafür, ein Ding wirklich zu
nennen.« 72
Kulturelle Produkte, so sind diese Ausführungen also zu verstehen, gehören
als materielle Güter zunächst Welt 1 an. Sie wandern, so könnte man ergän-
zen, durch ihre »Nutzung« in die Welt 2, also in die Köpfe derjenigen
Menschen, die das Buch lesen oder sich den Film anschauen. Werden sie
Teil eines kulturellen Diskurses, eines umfassenden kulturellen Bedeutungs-
gewebes, sind sie aber Teil von Welt 3. Interessant ist nun die Frage, wie et-
was aus Welt 2 nach Welt 3 übergeht. Dafür gibt es nur ein Mittel: Kom-
munikation, und das ist es, wovon dieses Buch handelt: Die Verschiebungen
im Regelgefüge kultureller Zeichen, die durch Digitalisierung der Kom-
munikation hervorgerufen werden.
Sehen wir uns an einem Beispiel genauer an, wie Kommunikation generell
funktioniert. Frau Müller äußert beim Abendessen ihrem Mann gegenüber
den Satz »Die Renovierung wird bald beginnen«. Damit Herr Müller mit
diesem Satz etwas anfangen kann, muss eine ganze Reihe von Bedingungen
erfüllt sein. 73 Frau Müller muss zunächst das, was sie sagen will, in der
richtigen Weise in eine Wortfolge überführen und mittels ihres artikulator-
ischen Apparats erfolgreich produzieren. Dabei kann schon eine Menge
schief gehen, etwa wenn Frau Müller gerade beim Zahnarzt gewesen ist, wo
sie eine Betäubung erhalten hat. Ist der Satz aber als Lautfolge geäußert,
muss ihn Herr Müller auch hören können - wenn gerade Lärm herrscht,
aber auch wenn Herr Müller abgelenkt ist, wäre dies nicht sichergestellt.
Und schließlich muss Herr Müller in der Lage sein, die gehörte Lautfolge
 
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