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Wiederaufnahmen. Weil dieses Gewebe von Bezugnahmen nicht so recht ver-
gleichbar ist mit einem planvoll erstellten Text, ist in den Kulturwis-
senschaften dafür der Begrif »Diskurs« eingeführt worden. Die ver-
schiedenen Bezugnahmen auf den Film
Titanic
und seine eigene Bezug-
nahme auf das Schifsunglück im Jahre 1912 mit all den medialen Umsetzun-
gen seitdem bilden also einen
Titanic
-Diskurs. Dieser Diskurs ist eine kul-
turelle Hervorbringung als solche, ein kultureller »Text«, der aus all den Fil-
men, Rezensionen, Gesprächen und Abhandlungen besteht, die in ihm
miteinander verwoben sind. Wenn man sich nun noch vergegenwärtigt, dass
es noch viele weitere Diskurse gibt, die wechselseitig miteinander verlocht-
en sind, dann tritt eine Aufassung von Kultur hervor, wie sie der Germanist
Uwe Wirth beschrieben hat: als ein »selbstgesponnenes Bedeutungs-
gewebe«, das sich ständig verändert, indem neue Verbindungen zwischen
seinen Knotenpunkten hergestellt werden. Der Begrif der Kultur gehöre
selbst auch dazu und ließe sich deshalb nicht eindeutig deinieren - schon
indem wir über ihn sprechen, verändern wir ihn.
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Kapitel 3.2
Kulturelle Kommunikation
Im Jahr 1977 erschien ein Buch, für das sich der weltbekannte
österreichisch-britische Philosoph Karl Popper und der Medizin-Nobelpreis-
träger John Eccles zusammengetan hatten, um gemeinsam das Phänomen
des menschlichen Bewusstseins zu behandeln. Popper entwickelt in diesem
sehr prägnante Weise eine Aufassung dessen, was wir als »Welt« verstehen:
»Ich glaube allerdings, dass die Probleme, mit denen wir es zu tun haben, beträchtlich
klarer gemacht werden können, wenn wir eine Dreiteilung einführen. Da gibt es zun-
ächst die physische Welt - das Universum physischer Gegenstände […]; ich will sie
›Welt 1‹ nennen. Zweitens gibt es die Welt psychischer Zustände, einschließlich der
Bewusstseinszustände, der psychischen Dispositionen und unbewussten Zustände;
diese will ich ›Welt 2‹ nennen. Doch es gibt noch eine
dritte
Welt, die Welt der Inhalte
des Denkens und der Erzeugnisse des menschlichen Geistes; diese will ich ›Welt 3‹
nennen. […] Mit Welt 3 meine ich die Welt der Erzeugnisse des menschlichen Geistes,
wie Erzählungen, erklärende Mythen, Werkzeuge, wissenschaftliche Theorien (wahre
wie falsche), wissenschaftliche Probleme, soziale Einrichtungen und Kunstwerke. Die
Gegenstände der Welt 3 sind von uns selbst geschafen, obwohl sie nicht immer Ergeb-
nisse planvollen Schafens sind.«
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