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bestimmte Epoche thematisieren: Jede Zeit verbindet mit geschichtlichen
Ereignissen und Epochen eine bestimmte Sichtweise, die sich auch ändern
kann. Wenn wir uns Filme aus den letzten zwanzig Jahren ansehen, die wie
Titanic in der Zeit um 1900 spielen, werden uns nicht nur historische Fakten
vermittelt, sondern wir erfahren auch etwas über die Aufassung, die wir ge-
genwärtig von dieser Zeit haben (und die keineswegs mit der historischen
Realität übereinstimmen muss). Gruppen von kulturellen Zeichen transpor-
tieren also immer die Ordnung von Wissen, Aufassungen der Wirklichkeit
und gesellschaftliche Werte zu einer gegebenen Zeit. Bei ihrer Verwendung
sind Gesetzmäßigkeiten der gegenseitigen Bezugnahme aufeinander zu
erkennen, die wir uns gleich noch genauer ansehen werden.
Es gibt eine weitere Gemeinsamkeit zwischen sprachlichen und kulturel-
len Zeichen: Auch diese können größere Einheiten bilden und sind aus
kleineren Einheiten zusammengesetzt. Ein Satz besteht aus Wortgruppen
und Wörtern, ist aber selbst Teil eines umfassenderen Textes oder Ge-
sprächs. Ähnlich verhält es sich mit dem Film in unserem Beispiel. Dass er
aus Teilsequenzen zusammengesetzt ist, die man bis auf die Ebene einzelner
Szenen und Einstellungen zerlegen kann, sieht man unmittelbar. Damit der
Film als Ganzes »funktioniert«, müssen die Teile ebenso regelgerecht
zusammengefügt sein wie die Wörter und Wortgruppen in einem Satz. In-
teressant wird es, wenn man ausgehend von Satz und Film auf die über-
geordnete Ebene blickt. Kombiniert man Sätze, ergeben sich Texte, und ähn-
lich wie die Teile des Satzes sind auch die Sätze im Text so aufeinander
abgestimmt, dass sich ein sinnvolles Ganzes ergibt. Die Reihenfolge der
Sätze im Text etwa ist sehr wichtig, aber auch die Wiederaufnahme von
Wörtern (zum Beispiel in Satz 1: »eine Renovierung«, danach in Satz 2:
»sie« oder »die Renovierung«) und die inhaltliche Bezugnahme, etwa durch
die inhaltliche Zerlegung eines Begrifs. (Satz 1: »die Renovierung« - Satz 2:
»die Malerarbeiten«, Satz 3: »der Parkettleger«).
Bei einem kulturellen Zeichen wie dem Film Titanic ist das ähnlich. In
einem Fernsehmagazin werden Ausschnitte aus dem Trailer und ein Inter-
view mit dem Regisseur gebracht. Am Tag der Kino-Premiere erscheinen
Rezensionen in den Tageszeitungen. Am Wochenende danach bringt eine
Sonntagszeitung einen ganzseitigen Artikel, der auch auf ältere Verilmun-
gen des Stofes eingeht und einzelne Punkte in den Rezensionen ein paar
Tage zuvor kritisiert. Einige Zeit später erscheinen ilmwissenschaftliche
Abhandlungen, die den Rezeptionsprozess des Films untersuchen … Sie
können das immer so weiterspinnen - ein kulturelles Produkt, das sein Pub-
likum indet, wird Teil eines kulturellen »Textes« von Bezugnahmen und
 
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