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sich erheblich schneller und mit weniger Fehlern reproduzieren als tradi-
tionelle Texte (n-Meme). Auch die Kosten dafür fallen viel geringer aus. Ihre
Distribution kann per Internet viel schneller und billiger erfolgen als die von
physischen Texten per Post und Spedition. Gleichzeitig können potentiell viel
mehr Leser erreicht werden.
Ein weiterer Selektionsvorteil digitaler Texte besteht in ihrer tendenziell
größeren Multimedialität: Sie können integriert über mehrere Sinneskanäle
aufgenommen werden und durch ihre Bildlichkeit größere Aufmerksamkeit
erlangen. Das alles geht auf die grundlegenden Eigenschaften digitaler In-
formationen zurück: ihre Unabhängigkeit von bestimmten Speicherungsfor-
men und die Möglichkeit, sie automatisiert zu verarbeiten. Trotzdem kann
man nicht sagen, dass in digitaler Form vorliegende Informationen »besser«
sind als analoge, ein E-Book besser als ein auf Papier gedrucktes Buch. Es
geht nicht um Qualität, es geht ausschließlich um Quantität. Und da sind di-
gitale Daten klar im Vorteil: Sie sind die weitaus besseren Replikatoren, so
wie sich unsere Vorfahren in einer Kultur von Ackerbau und Viehzucht erfol-
greicher reproduzieren konnten als in einer Jäger-und-Sammler-Kultur. Nur
deshalb hat sich erstere durchgesetzt - nicht etwa weil sie »besser« wäre. 316
Mit der erfolgreicheren Reproduktion des Replikators geht die erfol-
greichere Reproduktion der Reproduktionsmethode einher. Die günstigen
Bedingungen für die Verbreitung digitaler Texte heizen zugleich die Digital-
isierung an: die Überführung analoger Daten in eine digitale Form, die Ver-
breitung von Computern unterschiedlichster Art und die Verfügbarkeit von
Zugängen in die digitale Welt. Die technische Entwicklung von Computern
verläuft dabei viel schneller als die evolutionäre Entwicklung des Menschen.
Die Reproduktionsverfahren können deshalb in kürzeren Zeiträumen auf
sich verändernde kulturelle Umweltbedingungen reagieren und auch
dadurch einen Selektionsvorteil erlangen. Die Methoden der Reproduktion
wiederum begünstigen digitale Texte, die besonders gut an die Besonder-
heiten der Digitalisierung angepasst sind, nämlich Automatisierung, Daten-
integration und Vernetzung. Texte, die automatisch verarbeitet werden
können, aufgrund von Multimedialität besser zugänglich und von vornherein
auf die Verbreitung durch vernetzte Computer ausgerichtet sind, genießen
in diesem kulturellen Ökosystem Selektionsvorteile, die sie im »Mempool«
digitaler Text immer präsenter werden lassen. Die Verlagerung von Kurzna-
chrichten von den SMS-Diensten hin zu Facebook und Twitter oder das
Phänomen der Blogosphäre sind Beispiele dafür.
Man kann sogar noch einen Schritt weiter gehen: Nicht nur bestimmte
Arten von Texten, sondern auch bestimmte Inhalte erlangen einen
 
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