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tellt. 308 Ein d-Mem hingegen lässt sich als eine eindeutige Abfolge von
Zuständen im Speicher eines Computers wiedergeben, so wie ein Gen mit
einer eindeutigen Abfolge von Basenpaaren auf dem DNA-Strang gleichzu-
setzen ist. Beide Kodierungen, die des Gens und die des d-Mems, erfolgen
binär. Sind n-Meme somit nur eine Vorstufe zu d-Memen? Auch die genet-
ische Replikation besaß ja evolutionäre Vorstufen, in denen das, was einmal
der einzige biologische Replikator werden sollte, ebenfalls nur unscharf um-
rissen war und seine optimale Gestalt noch suchte. 309 Führen also alle Wege
der kulturellen Evolution zum digitalen Code? Seit einiger Zeit sieht es tat-
sächlich so aus, denn sämtliche kulturellen Hervorbringungen werden mit-
tlerweile digital gespeichert, ältere kulturelle Artefakte in großangelegten
öfentlichen Förderprogrammen nachträglich digitalisiert. 310 Die kulturelle
Evolution basiert schon heute nicht mehr nur auf den neuronalen Memen in
den Köpfen der Menschen, sondern auch auf den digitalen Memen in den
Speichern der Computer. Und wenn diese Meme mit dem digitalen Code
eine eindeutige syntaktische Form aufweisen, dann entspricht dieser der
biochemischen Basis der biologischen Evolution. Der digitale Code ist die
DNA der Kultur.
Gene werden bei der Replikation in einem mehrstuigen Prozess kopiert
und untereinander rearrangiert. Durch Fehler im Kopiervorgang und revid-
ierte Anordnung entstehen Mutationen - auf genetischer Ebene und auf der
Ebene von Chromosomen, die im Prinzip nichts anderes sind als lange
Ketten von Genen. Die aus der Steuerung der Gene hervorgehenden Organ-
ismen verändern sich dadurch als Phänotypen und erzielen möglicherweise
einen Selektionsvorteil in ihrer Umwelt. Die Replikation der n-Meme erfolgt
durch Nachahmung, wie in der »klassischen« Memetik angenommen wird.
Die Phänotypen der n-Meme, kulturelle Hervorbringungen unterschiedlich-
ster Art, werden von Menschen wahrgenommen, die grundlegenden n-Meme
replizieren sich dadurch in den Gehirnen anderer Menschen. Dabei spielen
bewusste und unbewusste Formen der Nachahmung zusammen, Lesen und
textbasiertes Lernen sind wichtige Nachahmungstechniken von schriftlichen
n-Memen. Mutationen geschehen durch Veränderungen bei der Nachah-
mung aufgrund des Kontakts eines n-Mems mit anderen n-Memen im
menschlichen Gehirn - die memetische Form der Mutation.
Bei der Replikation eines d-Mems hingegen inden keine Mutationen statt.
Der algorithmisch gesteuerte Kopierprozess von digitalen Daten kann Kopi-
erfehler weitgehend vermeiden. Falls sie dennoch auftreten, unterliegt das
zugrunde liegende d-Mem dadurch eher einem Selektionsnachteil, wenn et-
wa eine Word-Datei durch einen Fehler nicht mehr vom Textverarbeitungs-
 
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