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tendiert. Und schließlich die dritte Bedingung: Vernetzung. Hier wirkt der
selektive Vorteil in beide Richtungen: Technisch gesehen lassen sich d-Meme
in größerer Zahl reproduzieren, wenn sie auf die Gegebenheiten der Vernet-
zung möglichst gut abgestimmt sind. Dies gilt für verlinkte Webseiten im In-
ternet gegenüber digitalen Print-Dokumenten wie etwa PDF-Dateien. Auf
der anderen Seite wirken ofenbar auch die Menschen auf die Selektion ein:
Besser vernetzbare d-Meme unterstützen die kulturelle Tendenz der Sozial-
ität. Das würde die gegenwärtig zu beobachtende Entwicklung erklären,
nach der die E-Mail-Nutzung unter jüngeren Menschen deutlich zurückgeht
zugunsten von Nachrichtendiensten, die in soziale Netzwerke integriert
sind.
Diese Beschreibung der Selektionsfaktoren von d-Memen wirft die Frage
auf, ob sich die digitale Evolution nicht zumindest teilweise von der Einluss-
nahme durch den Menschen gelöst hat. N-Meme brauchen den Menschen
zur Replikation, d-Meme den Computer. Zwar ist dieser durch den
Menschen geschafen worden, aber einmal vorhanden, wird der Mensch für
den Vorgang der Replikation nicht mehr benötigt. D-Meme können sich im
Speicher eines Computers selbst replizieren, alle Voraussetzungen dafür
sind vorhanden. Ist das d-Mem somit ein neuer Replikator, nach Gen und n-
Mem der dritte? Ich bin der Meinung, dass er es tatsächlich ist. Mit di-
gitalen Memen ist ein neuer Replikator entstanden, der sich vom Menschen
gelöst hat. Er besitzt mit dem digitalen Code einen eigenen Replika-
tionsmechanismus, der ganz anders funktioniert als die Replikation neur-
onaler Meme im Menschen. Er hat sich ein neues Biotop erschlossen, den
Computer, und er unterliegt einer eigenständigen evolutionären Dynamik,
die zumindest teilweise nicht mehr vom Menschen kontrollierten Selektions-
bedingungen folgt. Ja, digitale Meme sind neue Replikatoren, und wir er-
leben bereits, auch wenn wir es nicht sehen wollen, dass ihre Evolution sie
vom Menschen wegzuführen beginnt.
Kapitel 8.5
Der digitale Code als DNA der Kultur
Wenn digitale Meme die neuen Replikatoren sind, dann ist der digitale Code,
aus dem sie bestehen, ihre DNA, die DNA der Digitalkultur. Für n-Meme gilt
dies nicht, denn sie besitzen nichts, was »direkt im Gehirn beobachtet wer-
den könnte«, keine »syntaktische Klassiikation«, wie Daniel Dennett fests-
 
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