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In-Depth Information
dass mit den heute zur Verfügung stehenden technischen Mitteln die Projek-
tion von Text sehr einfach ist, keine Begrenzung der Ressourcen vorgenom-
men werden muss, wie es noch bei den Overhead-Folien der Fall war, und
die Steuerung der Projektion per Tastendruck so leicht geschieht, dass
geübte Redner sie kaum merklich in ihren Redeluss einbinden können -
auch dies ein großer Unterschied zur alten Folie. All dies begünstigt den
Trend, nur wenig Inhalt auf einer digitalen Folie zu platzieren, dafür aber
einen schnellen Wechsel vorzunehmen. Das synchronisierte Lesen von Folien
ergänzt das synchronisierte Hören der Rede des Vortragenden. Hatte ein
Vortrag schon immer den Charakter eines sozialen Ereignisses, so wird in
der Gestalt der Präsentation auch das synchronisierte Lesen und Betrachten
anderer multimedialer Elemente zu einem solchen.
Dass Präsentationen soziale Ereignisse sind, lässt sich auch an einem an-
deren Phänomen erkennen. Sie erzeugen nämlich als Kommunikationsform
selbst Kommunikation - Kommentare und Diskussionen zum Gehörten und
Gesehenen. Diese werden üblicherweise nach der Präsentation geführt, die
Mittel des sozialen Lesens und Schreibens integrieren sie aber zunehmend
auch in die Präsentation selbst. Auf wissenschaftlichen Konferenzen entfal-
ten sich seit einiger Zeit parallel zur laufenden Präsentation Diskussionen zu
deren Inhalt auf Twitter - die Verfügbarkeit von WLAN und Rechnern im
Publikum vorausgesetzt. Der Redner besitzt nicht mehr die Hoheit über die
Informationen im Raum - die Sozialität besteht hier darin, in der durch die
Präsentation geschafenen Informationssphäre synchron zu kommunizieren.
Hybridität, Multimedialität, Sozialität - das Wirken dieser Tendenzen ist
auch bei der alten Kulturtechnik des Lesens deutlich erkennbar. Sie ver-
ändern den Umgang mit Informationen, sind für bestimmte Arten von In-
formationen besonders geeignet und für andere nicht. Die Inhalte verändern
sich deshalb nach und nach. Und auch das Wie des Lesens ist betrofen: Di-
gitale Lesegeräte wie Smartphone und E-Book-Reader sind kleiner und
leichter als Bücher, und sie können ganze Bibliotheken aufnehmen. Das
Lesen ist durch die Digitalisierung mobiler geworden, der Text durchdringt
unsere kulturelle Welt noch stärker als zuvor. Da, wo eine Hand heute in der
U-Bahn, auf dem Bahnsteig, im Café oder heimlich in Meetings ein Smart-
phone hält und ein Mensch liest, war früher nicht etwa ein Buch oder eine
Zeitung, sondern meistens - nichts. Wir lesen heute mehr, aber ganz anders.
 
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