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Kapitel 6
Neue Technologien des Schreibens
Wenn man etwas schreiben möchte, benötigt man für die Fixierung der
Schrift ein Medium. Dies kann ein Blatt Papier sein oder jedes andere feste
Material. Mit einem Schreibgerät in der Hand führt man Bewegungen aus,
Schreibgesten, die als Schriftzeichen auf dem Medium »gespeichert« werden.
Hand und Medium sind über das Schreibgerät miteinander in Kontakt. Das
ist eine Selbstverständlichkeit. Oder vielleicht doch nicht? Kann man auch
ohne den Kontakt zum Trägermedium schreiben, allein mit Schreibgesten?
Dies hat sich auch der Informatiker Alexander Mehler von der Universität
Frankfurt mit seinem Team gefragt. 196 Er interessiert sich für die Steuerung
von Multimedia-Programmen mit berührungslosen Gesten statt mit einer
Maus, so dass der Benutzer etwa von einem Bild einfach durch Zeigen einen
Ausschnitt herstellen, diesen verändern und abspeichern kann. Dabei kommt
nicht etwa teure Spezialhardware zum Einsatz, sondern ein Gerät, das seit
Anfang des Jahrzehnts millionenfach verkauft wurde und kaum mehr als 100
Euro kostet: das Kinect -Gerät von Microsoft. 197 Das ist ein Bewegungssensor,
der in Gestalt eines länglichen Kästchens oben auf einem Fernsehbildschirm
befestigt wird. Über mehrere Infrarot-Sensoren kann das Gerät Objekte in
seinem Umfeld erkennen und deren Position im Raum zentimetergenau
bestimmen. Ursprünglich war dieses Gerät dafür gedacht, Computerspiele
noch interessanter zu machen. Ganz ohne eine Eingabekonsole kann man
damit über Körperhaltung und Gesten das Verhalten von Figuren im Spiel
beeinlussen. Auf diese Weise wird eine noch umfassendere Spielillusion
erzeugt. Das Gerät lässt sich allerdings auch unabhängig von Computer-
spielen einsetzen und kann, was noch wichtiger ist, frei programmiert wer-
den. Überdies ist auch eine Spracherkennung integriert.
Die Anwendungssituation, die sich Mehler und sein Team für ihre Forschun-
gen überlegt haben, ist das Museum, genauer gesagt die Bildergalerie. Dort
herrschen ganz besondere Bedingungen, die gut zu den technischen Möglich-
keiten passen: Man darf die Bilder nicht berühren, man steht aber frei davor,
so dass Gesten gut erkannt werden können. Durch Zeigen sollen die Galer-
iebesucher einzelne Bilder oder Teile davon identiizieren und durch weitere
Gesten einfache Aussagen dazu »formulieren« können. Dabei handelt es sich
nicht um so komplizierte Gesten wie in der ofiziellen Gebärdensprache, die
 
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