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Die Welt - ein einziger Rechner
4.1
Die Pioniere
Forschungen zur Luftabwehr interessierte, übernahm Lick-
lider in diesem Laboratorium den Aufbau einer „Human-
Engineering-Group“. 1953 beschloss das MIT, in der Psy-
chologiesektion der wirtschaftswissenschaftlichen Abteilung
eine Gruppe einzurichten, die den „human factor“ erforschen
sollte. Unter Leitung von Licklider sollte hier die Frage un-
tersucht werden, ob sich Computer und deren elektronische
Speichereinheiten als Modelle für die verschiedenen kogniti-
ven Fähigkeiten des Menschen eignen. Durch diese Aufgabe
bekam Licklider die Möglichkeit, nach Nutzungsmöglich-
keiten für den Computer zu forschen, die über numerische
Berechnungen hinausgingen. Licklider wollte eine enge Kop-
pelung zwischen Menschen und elektronischen Maschinen,
eine Mensch-Maschine-Interaktion.
Anwendung fanden seine Visionen im „Whirlwind“-Com-
puterprojekt der U.S. Navy, einem der ersten Rechner mit
Echtzeitverarbeitung und einem Videodisplay als Ausgabe-
gerät, der von 1945 bis 1952 entwickelt wurde. Diese Ent-
wicklung führte direkt zum SAGE (Semi-Automatic Ground
Environment) ( Abb. 4.2 ) der U.S. Air Force. Das Semi-Auto-
matic Ground Environment war das erste computergestützte
Luftverteidigungssystem der NORAD.
Von 1957 bis 1962 übte Licklider das Amt des Vizeprä-
sidenten für Psychoakustik, Psychologie und Informations-
systeme beim Rüstungslieferanten BBN (Bolt, Beranek &
Newman) aus. Hier entwarf und realisierte eine kleine For-
schungsgruppe unter seiner Führung eines der ersten Time-
Sharing-Systeme auf dem ersten PDP-1 (Programmed Data
Processor), einem Rechner der Firma DEC (Digital Equip-
ment Corporation). Time-Sharing-Verfahren erlauben die
gleichzeitige Nutzung eines Computersystems durch mehrere
Nutzer. Das Verfahren sorgt dafür, dass jedem Anwender in
bestimmten Abständen kleine Anteile der Gesamtrechenzeit
des Computersystems zugeteilt werden. Es wurde erstmals
1957 von Bob Bremer beschrieben und Ende 1957 von John
McCarthy umgesetzt.
Im Oktober 1962 bot man J.C.R. Licklider an, zwei For-
schungsabteilungen aufzubauen und zu leiten. Licklider nahm
4.1.1
Joseph C. R. Licklider
Joseph Carl Robnett Licklider ( Abb. 4.1 ) wurde am
11. März 1915 in St. Louis, Missouri geboren. Er studierte
in den 30er-Jahren Physik, Mathematik und Psychologie an
der Washington University in St. Louis. Ab 1942 war er als
wissenschaftlicher Mitarbeiter am psychoakustischen Labor
in Harvard tätig und beteiligte sich an Experimenten in B-17
und B-24 Bombern im 2. Weltkrieg.
Nach seiner Promotion in Psychologie an der Universität
in Rochester, zu der er im Jahre 1942 seine Dissertation zum
Thema An electrical investigation of frequency-localization
in the auditory cortex of the cat vorlegte, arbeitete Licklider
von 1946 bis 1949 als Professor in Harvard.
Abb. 4.1 J.C.R. Licklider
Im Jahre 1950 wechselt er zum Massachusetts Institute of
Technology (MIT), um eine Psychologiesektion zu gründen,
von der er sich erhoffte, dass sie einmal zur Abteilung auf-
gewertet werden würde. Dort lehrte er auch Psychoakustik
und nebenbei Elektrotechnik. Nachdem 1951 am MIT das
Lincoln Laboratorium eingerichtet wurde, welches für das
US-Verteidigungsministerium forschte und sich speziell für
 
 
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