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ges zwischen Patient und Psychiater die Möglichkeiten der
Kommunikation zwischen einem Menschen und einem Com-
puter über natürliche Sprache aufzeigen sollte. Den Namen
ELIZA wählte Weizenbaum angeblich in Anlehnung an das
Schauspiel Pygmalion von George Bernard Shaw. Das Pro-
gramm konnte über sogenannte Skripten verschiedene Ge-
sprächspartner simulieren. Bekannt geworden ist es für die
oberlächliche Simulation eines Psychotherapeuten, der die
non-direktiven Methoden der klientenzentrierten Psycho-
therapie nach Carl Rogers verwendet. Weizenbaum schrieb
das Programm in MAD-LISP für eine IBM 7094, die das
Time-Sharing-System CTSS des Massachusetts Institute of
Technology verwendete.
Die Wahl des Psychotherapeuten als simulierten Ge-
sprächspartner wurde von Weizenbaum damit begründet,
dass es einem solchen Gesprächspartner erlaubt ist, keinerlei
Wissen über die Welt zeigen zu müssen, ohne dass dadurch
seine Glaubwürdigkeit verloren geht. In seinem Artikel ver-
deutlichte Weizenbaum dies anhand eines Beispiels: Wenn
der menschliche Gesprächspartner den Satz „Ich bin mit dem
Boot gefahren“ äußert und der Computer antwortet darauf
„Erzählen Sie mir etwas über Boote“, wird der Mensch nicht
annehmen, dass sein Gesprächspartner kein Wissen über
Boote besitzt.
Die Öffentlichkeit war verblüfft. Das Programm schien
sich in die Situation des Patienten geradezu einzufühlen.
Manche Zeitgenossen suchten sogar Rat bei ELIZA, obwohl
sie die algorithmische Struktur des Programms kannten.
ELIZA tat aber nichts anderes, als syntaktische Symbolismen
in der Programmiersprache LISP abzuleiten. Auf bestimmte
Schlüsselwörter und Satzmuster reagierte ELIZA mit passen-
den Einsetzungen und Umstellungen. So formulierte ELIZA
Aussagen des menschlichen Gesprächspartners in Fragen um,
um so eine Reaktion auf dessen Aussage zu generieren: Be-
nutzer: Ich habe ein Problem mit meinem Auto.
Abb. 3.1 Joseph Weizenbaum anlässlich der Festrede zum 10-jähri-
gen Bestehen des Instituts für Informatik der Universität Münster
war wesentlich realistischer. Aber es dauerte bis 1997, bis es
dem von IBM entwickelten System Deep Blue gelang, den
amtierenden Schachweltmeister Garry Kasparov in sechs Par-
tien zu schlagen. Auch für andere Spiele, wie Dame ( Chris-
topher S. Strachey ab 1952) und Go ( Horst Remus ab 1961)
wurden Spielprogramme entwickelt.
Der Begriff „Künstliche Intelligenz“ selbst ist die Über-
setzung der englischen Bezeich nung „Artiicial Intelligence“.
Hierbei ist jedoch zu beachten, dass das Wort „Intelligence“
im Englischen eine weitergehendere Bedeutung besitzt als
das Wort „Intelligenz“ im Deutschen, nämlich denkbezogene
Information, Einsicht und Verständnis. Obwohl dieser Be-
griff bereits in vielen früheren Publikationen auftritt, gilt als
eigentliche Geburtsstunde dieser Disziplin eine Konferenz,
die im Sommer des Jahres 1956 am Dartmouth College statt-
fand. Organisator war John McCarthy , der diese Konferenz
unter das Thema „Artiicial Intelligence“ gestellt hatte. An ihr
nahmen eine Reihe von renommierten Wissenschaftlern teil,
u. a. Marvin Minsky, Nathaniel Rochester, Claude Shannon,
Allan Newell und Herbert Simon. Als Ergebnis entstand ein
Förderantrag an die Rockefeller-Stiftung, in dem u. a. aus-
geführt wurde:
ELIZA: Warum, sagen Sie, haben Sie ein Problem mit Ihrem
Auto?
Außerdem war ELIZA in der Lage, Schlüsselwörter (z. B.
Vater) zu erkennen, sie mit anderen Begriffen in Verbindung
zu bringen und entsprechend darauf zu reagieren:
Wir schlagen eine zweimonatige Untersuchung der Künstlichen
Intelligenz durch zehn Personen vor, die während des Sommers
1956 am Dartmouth College in Hanover, New Hampshire, durch-
geführt werden soll. Die Untersuchung soll auf Grund der An-
nahme vorgehen, dass jeder Aspekt des Lernens oder jeder ande-
ren Eigenschaft der Intelligenz im Prinzip so genau beschrieben
werden kann, dass er mit einer Maschine simuliert werden kann.
Benutzer: Ich habe ein Problem mit meinem Vater.
ELIZA: Erzählen Sie mir mehr über Ihre Familie!
Solch ein simples Symbolverarbeitungssystem könne un-
möglich intelligent sein, befand der Philosoph John Searle.
Weizenbaum selbst war erschüttert über die Reaktionen
auf sein Programm, vor allem, dass praktizierende Psychiater
ernsthaft daran glaubten, damit zu einer automatisierten Form
der Psychotherapie gelangen zu können. Er entwickelte sich,
nicht zuletzt aufgrund dieser Erfahrungen, zu einem Gesell-
schaftskritiker.
In den darauffolgenden Jahren startete die KI-Forschung
mit großen Zielen. Man glaubte, mit dem Computer endlich
ein präzises Modell des menschlichen Gehirns gefunden zu
haben und hoffte, mit ihm schon bald den Fähigkeiten seines
biologischen Vorbildes gleichkommen zu können.
Im Jahre 1965 stellte Joseph Weizenbaum ( Abb. 3.1 )
das Programm ELIZA vor, das an dem Beispiel des Dialo-
 
 
 
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