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Wesentlich erfolgreicher waren die entstehenden Exper-
tensysteme . Bei ihnen war das Wissen menschlicher Exper-
ten intern gespeichert. Verwendete man zur Speicherung
zunächst IF-THEN-Regeln, so entwickelten sich im Laufe
der Zeit die unterschiedlichsten Methoden, um Wissen zu
speichern.
Eines der ersten erfolgreichen Expertensysteme war DEN-
DRAL, welches von E. Feigenbaum , B. Buchanan und J.
Lederberg im Jahre 1969 in Stanford entwickelt wurde. Das
Programm konnte molekulare Strukturen aus den Informati-
onen eines Massenspektrometers ableiten. Eingabe war u. a.
die elementare Formel eines Moleküls, z. B. C 6 H 13 NO 2 und
die Massen der verschiedenen Fragmente des Moleküls, die
vom Massenspektrometer geliefert wurden. Auf der Basis ei-
ner großen Anzahl spezieller Regeln konnten die wahrschein-
lichsten Strukturen des Moleküls bestimmt werden.
Einem der bekanntesten Expertensysteme, dem Anfang
der 1970er-Jahre von T. Shortliffe an der Stanford Univer-
sity entwickelten System MYCIN zur Unterstützung von
Diagnose- und Therapieentscheidungen bei Blutinfektions-
krankheiten und Meningitis, wurde durch eine Evaluation
attestiert, dass seine Entscheidungen so gut waren wie die
eines Experten in dem betreffenden Bereich und besser als
die eines Nicht-Experten. Allerdings reagierte das System,
als ihm Daten einer Cholera-Erkrankung - bekanntlich
eine Darm- und keine Blutinfektionskrankheit - eingege-
ben wurden, mit Diagnose- und Therapievorschlägen für
eine Blutinfektionskrankheit, das heißt, MYCIN erkannte
die Grenzen seiner Kompetenz nicht. Dieser Cliff-and-
Plateau-Effekt ist bei Expertensystemen, die hoch spezia-
lisiert auf ein schmales Wissensgebiet angesetzt sind, nicht
untypisch.
Rund 30 Jahre nach der Konferenz am Dartmouth College
hatte sich jedoch eine große Ernüchterung breitgemacht. Die
Prognosen über die Leistungsfähigkeit der Künstlichen Intel-
ligenz, die von ihren Vertretern lautstark verkündet worden
waren, erfüllten sich fast alle nicht. Trotz allem waren die
Jahrzehnte, in denen an der KI und verwandten Gebieten ge-
forscht wurden, sehr fruchtbar. Dies zeigen z. B. die erfolg-
reichen Experten- und Diagnosesysteme oder die Systeme
zur Mustererkennung.
Bis heute sind alle Versuche, Computer und Roboter mit
menschenähnlichen Fähigkeiten zu kreieren, fehlgeschlagen.
Die neue Generation von KI-Forschern glaubt, den Kardinal-
fehler entdeckt zu haben: Man baute „intelligente“ Maschi-
nen, ohne Intelligenz verstanden zu haben, und erklärte sie
später - wenn sie überhaupt funktionierten - für intelligent.
Wir wissen immer noch nicht, was eigentlich Intelligenz
ist. Alle Versuche, hierfür eine präzise Deinition zu liefern,
sind fehlgeschlagen. Der Psychologe William Stern hat im
Jahre 1912 die folgende recht unpräzise Deinition für Intel-
ligenz gegeben: Intelligenz ist die allgemeine Fähigkeit eines
Individuums, sein Denken bewusst auf neue Forderungen ein-
zustellen; sie ist allgemeine geistige Anpassungsfähigkeit an
neue Aufgaben und Bedingungen des Lebens.
Diese noch recht ungenaue Bestimmung hat eine Vielzahl
von Versuchen nach sich gezogen, eine zusammenhängende
Intelligenztheorie zu erstellen, deren keiner dem komplexen
Sachverhalt auch nur annähernd gerecht werden konnte. Die
wohl beste Deinition indet sich in dem im Jahre 1950 von
Turing vorgeschlagenen und nach ihm benannten Test. Es ist
eine Abwandlung eines alten englischen Gesellschaftsspiels.
In zwei geschlossenen Räumen beinden sich je eine Frau und
ein Mann. In einem dritten Raum beindet sich der „Schieds-
richter“. Er kann mit den anderen dadurch kommunizieren,
dass er ihnen Fragen auf einem Blatt Papier unter der Tür
zuschieben kann. Auf die gleiche Weise erhält er die Antwort.
Kann der Schiedsrichter feststellen, in welchem Raum sich
die Frau und in welchem Raum sich der Mann beindet, so
hat er gewonnen. Turing änderte dieses Spiel so ab, dass sich
in einem Raum ein Mensch und in dem anderen Raum eine
Maschine beindet. Kann der Schiedsrichter aufgrund seiner
Fragen und der erhaltenen Antworten nicht entscheiden, wo
sich der Mensch und wo sich die Maschine beindet, dann ist
diese Maschine „intelligent“.
Aufbauend auf dem Turing-Test stiftete Hugh Gene Loeb-
ner ( Abb. 3.2 ) (* 1942) im Jahre 1991 einen Preis ( Abb. 3.3 ),
mit dem dasjenige Computerprogramm ausgezeichnet wer-
den soll, welches den Turing-Test besteht. Loebner war ein
amerikanischer Soziologe und wurde mit seiner New Yorker
Firma zur Herstellung von Theaterausrüstungen zum Milli-
onär.
Abb. 3.2 Hugh Gene Loebner
Da Loebner klar war, dass es für ein Programm schwie-
rig sein würde, den Test zu bestehen, spaltete er, um einen
Anreiz zu garantieren, den Preis in drei Kategorien auf. Bei
diesem Wettbewerb können die Preisrichter an einem Com-
puterterminal Fragen eingeben, die entweder von einem Men-
schen oder von einem der Computerkandidaten beantwortet
werden. Die Preisrichter beurteilen die Antworten danach,
wie menschenähnlich sie erscheinen und müssen sich darauf
festlegen, ob ihr Partner eine Maschine oder ein Mensch ist.
 
 
 
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