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aufzulegen. Die Rollen werden in vertikalen Schienen geführt.
Die Höhen (= Ordinaten) der Kurve entsprechen der Amplitude
der Anomalie, und die Längen (= Abszissen) entsprechen der
Zeit. Dreht die Kurve mit der Geschwindigkeit der Anomaliepe‑
riode, so hebt oder senkt sich die horizontale Traverse und gibt
für jeden Zeitpunkt die augenblickliche Ordinate der Kurve an.
fünf Mondgleichungen und eine Mondknotenliniengleichung.
Den Verlauf der wichtigsten zeigt Abb. 5.15 .
Der Rechner zur Berechnung dieser Gleichungen ist im
Erdgeschoss der Uhr in einer Vitrine untergebracht und trägt
die Aufschrift: Equations solaires et lunaires (s. Abb. 5.16 ) .
Die horizontale Traverse trägt das über ihr liegende Zahnrad
mit seiner eigenen Kurve. Auf diese Weise sind in den Mond‑
gleichungen [ Abb. 5.18 ] fünf Kurven aufeinandergestapelt. Um
die Reibung und die nötigen mechanischen Kräfte so gering wie
möglich zu halten, sind die Kurven so aufgestellt, daß die unte‑
ren, die das Gewicht der darüberliegenden zu tragen haben, die
am wenigsten ausgeprägten sind. Jede Kurve dreht mit eigener
Geschwindigkeit, und ihre Ordinaten addieren sich algebraisch
in jedem Augenblick unter dem Einluß der horizontalen Traver‑
sen, die alle darüberliegenden Räder heben oder senken. Die
obere Traverse vollführt eine der algebraischen, momentanen
Summe aller Kurven im Mechanismus entsprechende Auf‑ oder
Abwärtsbewegung. Die Bewegung wird durch Drahtzüge und
Winkelhebel [ Abb. 5.17 ] an die Züge „tr“, „tr′“ und „tr″“ wei‑
tergegeben. Diese wirken durch Korrekturbügel auf die Diffe‑
renzialräder der betreffenden Zeiger. Wie wir gesehen haben,
bewirkt eine Bewegung der Züge um 6 mm ein Vor‑ oder Nachge‑
hen der Zeiger um 1 Grad. Alle Kurvenräder haben ungefähr den
gleichen Durchmesser und eine sehr eng beieinanderliegende
Anzahl von Zähnen. Deshalb haben die Mechanismen eine gut
ausgeglichene Struktur. Damit man die Länge jederzeit kontrol‑
lieren kann, ist jede Kurve in Grade eingeteilt.
Abb. 5.16 Rechner zur Berechnung der Sonnen- und Mondanomalien
Kernstück dieses Rechners sind drei Säulen: die linke
(„L“) ist mit dem Sonnenzeiger der Uhr verbunden und dient
zur Berechnung der Sonnengleichungen, die mittlere („M“)
ist mit dem Mondzeiger verbunden und dient zur Berechnung
der Mondgleichungen, während die rechte die Knotenlinien-
gleichung („N“) berechnet und mit der Nockenscheibe der
Knotenlinie verbunden ist.
Bach und Rieb beschreiben die im Rechner realisierten
Verfahren wie folgt:)
Jede Gleichung ist durch eine sinusoidale Kurve verwirklicht,
welche den oberen Rand einer zylindrischen Rampe „D“ ab‑
schließt [ Abb. 5.18 ] . Diese Rampe ist auf einem horizontalen
Zahnrad befestigt, das frei um eine senkrecht feststehende Welle
„W“ dreht. Die Kurve wird zweimal auf dem Umfang reprodu‑
ziert, so daß zwei diametral entgegengesetzte Punkte auf gleicher
Höhe sind. Diese Anordnung ermöglicht es, eine horizontale Tra‑
verse „H“, die mit zwei Rollen „h“ bestückt ist, auf die Kurve
Abb. 5.17 Schema des Rechners zur Lösung der Sonnen-, Mond- und
Mondknotenliniengleichung und der Übertragung der Ergebnisse auf
die Räderwerke der scheinbaren Zeit sowie Draufsicht des Antriebs
der Gleichungen
Schwilgué hat also mit bemerkenswerter Präzision und auf
ebenso einfallsreiche wie elegante Art eine fast unglaubliche
Rechenmaschine für eine auf die Zeit bezogene algebraische
Addition der Ordinaten von mehreren mathematischen Kurven
geschaffen. Der Mathematiker wird hier erstaunt eine in Bronze
und Stahl vergegenständlichte Algebra erkennen, die er anfas‑
sen und dabei begreifen kann. Sie läuft lehrreich und dabei sehr
langsam vor seinen staunenden Augen ab.
 
 
 
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