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aber auch er kannte noch keine Potenzen. Der französische
Mathe matiker Nicole Oresme (1323(?)-1382) kannte die
Regel von Archimedes ebenfalls. Bei ihm kamen auch zum
ersten Mal gebrochene Exponenten vor. Die Vorstellungen
von Oresme waren der Mathematik seiner Zeit jedoch so weit
voraus, dass sie auf seine Zeitgenossen kaum einen Einluss
ausübten, sondern seine Veröffentlichungen gerieten schnell
wieder in Vergessenheit. In dem Werk „Summa“ von Luca
Pacinoli (1445(?)-1517) indet man eben falls Wortbezeich-
nungen für die Potenzen, ähnlich denjenigen von Diophantus
von Alexandria. Der Arzt und Mathematiker Nicolas Chu‑
quet (1445(?)-1488(?)) beschreibt in seinem nur handschrift-
lich überlieferten Werk Triporty en la science des nombres
Doppelfolgen von übereinander stehenden Zahlen der Art
Prediger in Österreich. Als er wieder nach Wittenberg kam,
verschaffte ihm Luther das Pfarramt in Lochau, führte ihn dort
ein und traute ihn mit der Witwe seines Vorgängers Günther.
Durch das geruhsame Leben, das er nun führte, konnte er
sich wieder seinen mathematischen Berechnungen widmen.
Stifel befasste sich anfangs mit der sogenannten „Wortrech-
nung“. Damit versuchte er, Texte und Buchstaben der Bibel
mathematisch zu deuten und kam so in seiner Schrift Vom
End der Welt, erschienen in Wittenberg 1532, zu dem Ergeb-
nis, dass die Welt am 19. Oktober 1533 um 8 Uhr morgens
untergehe. Als der Untergang nicht eintraf, wurde er festge-
nommen und kehrte nach vierwöchiger Haft nicht mehr nach
Lochau zurück. Die Redewendung „einen Stiefel rechnen“
geht auf diese Affäre zurück.
Im Jahre 1541 schrieb er sich zum Studium der Mathe-
matik in Wittenberg ein. Wieder war es Luther, der für den
harmlosen Rechner eintrat, der nur noch nüchterne Rechen-
bücher herausgab und ab dieser Zeit bis 1547 in Holzdorf,
dem heutigen Ortsteil von Jessen (Elster), als Pfarrer tätig
war. Im Schmalkaldischen Krieg verjagt, ging er nach Haber-
strohm bei Königsberg in Preußen, kehrte aber 1554 zurück.
Er verlegte seinen Wohnsitz 1559 nach Jena, wo er der erste
Professor für Mathematik an der Universität Jena wurde.
Stifel veröffentlichte die wesentlichsten Ergebnisse seiner
Forschungen 1544 in dem Werk Arithmetica integra , welches
in Nürnberg erschien. In ihm erweiterte er Chuquets Doppel-
folge um negative Zahlen:
01 23
...
1
2
3
1
aaa
...
und formulierte den folgenden Satz:
Das Produkt zweier Glieder der internen Folge ist ein Glied der-
selben Folge und zwar ist sein Nenner gleich der Summe der
Nenner der Faktoren.
Unter dem Begriff „Nenner“ verstand er hierbei die Glieder
der oberen Folge. Ähnliche Beobachtungen indet man auch bei
einigen der damals bekannten Rechenmeister. So bemerkt der
Österreicher Christoff Rudolff (1500(?)-1545(?)) in einem der
ersten gedruckten Werke, gedruckt 1525 in Straßburg, in dem
Dezimalbrüche und unser Wurzelzeichen verwendet werden:
…− −−−
4
3
2 10134
12816
1/16 1/8¼ ½
Man indet das Produkt zweier Potenzen, wenn die Summe der
Zahlen, die über den zu multiplizierenden Potenzen stehen, gebil-
det wird. Entsprechend wird bei der Division der Quotient durch
Substraktion der darüberstehenden Zahlen gefunden.
Die Zahlen der oberen Folge nannte er die exponentes d. h.
„die Ausgesetzten“. Er erkannte, dass eine Multiplikation in
der unteren Folge einer Addition in der oberen Folge und eine
Division in der unteren Folge einer Subtraktion in der oberen
Folge entsprachen. Er entdeckte auch, dass die Multiplika-
tion in der arithmetischen Reihe das Analogon zum Potenzie-
ren bei der geometrischen Reihe war. Stifel bemerkte: Man
könnte über diese wunderbaren Eigenschaften der Zahlen ein
neues Buch schreiben. Aber ich muss mich dieser Versuchung
entziehen und muss mit geschlossenen Augen von dannen ge‑
hen. Somit hatte er die Theorie des logarithmischen Rechnens
erkannt. Was ihm fehlte, waren die entsprechenden Beweise
und die Verallgemeinerung.
Als Väter der Logarithmen und des logarithmischen Rech-
nens gelten daher John Napier (1550-1617) und Jost (Justus)
Bürgi (1552-1632).
Jost Bürgi wurde am 28. Februar 1552 im schweizerischen
Lichtenberg geboren. Da er über keine Lateinkenntnisse ver-
fügte, dürfte er keine höhere Schule besucht haben, sondern
bei einem Uhrmacher in die Lehre gegangen sein. Es gibt
vage Hinweise, dass er für kurze Zeit in Italien verweilte und
dass er in Straßburg bei Josias und Isaak Habrecht an der
Das Prinzip des logarithmischen Rechnens wurde zuerst
von dem Pfarrer Michael Stifel (1487(?)-1567) entwickelt,
welcher die Gedanken Rudolffs aufgriff. Stifel kam aus begü-
terten Verhältnissen. Ohne theologische Vorbildung trat er in
das Augustinerkloster in Esslingen ein, wo er 1511 die Pries-
terweihe erhielt. Als er im Jahre 1522 seine Schrift Von der
christfermigen rechtgegründeten leer Doctoris Martini Lutheri
veröffentlichte, kam es im Kloster zu Spannungen. Nach seiner
Kontroverse mit Thomas Murner war er nicht mehr sicher und
lüchtete zu Hartmut von Kronberg nach Frankfurt am Main.
Einer seiner Förderer war Martin Luther Er brachte ihn
als evangelischen Prediger beim Grafen Peter Ernst I. von
Mansfeld in Mansfeld unter. Dort begann er mit seinen mathe-
matischen Studien, wobei er vor allem die Mathematik und die
Bibel zusammenbringen wollte. Im Jahre 1524 wurde Stifel
auf Empfehlung Luthers von den Jörgern auf Schloss Tollet
bei Grieskirchen (Oberösterreich) berufen. Nach Verschärfung
der Lage (Tod von Leonhard Kaiser) kehrte Stifel 1527 wie-
der nach Wittenberg zurück. Stifel war der erste evangelische
 
 
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