Environmental Engineering Reference
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6.4.1 Rotorarretierungen und Rotordrehvorrichtungen
Die Rotorarretierung hat imBetrieb einer Windkraftanlage keine direkte Funktion und kommt
lediglich im Falle einer Wartung oder von Reparaturen am Triebstrang zum Einsatz. Zum Ar-
beiten an den rotierenden Komponenten muss die Anlage zunächst gestoppt werden. Dabei
kann zum einen der Rotor mithilfe eines aerodynamischen Bremsvorgangs gestoppt werden
(siehe Abschnitt 6.2) , zumanderen kann einemechanische Bremse (siehe Abschnitt 6.4.4) zum
Einsatz kommen. Letztere ist allerdings eher für den Notfall und als Festhaltebremse konzi-
piert.
Bei Wartungsarbeiten am Triebstrang oder in der Nabe des Rotors muss das Servicepersonal
vor jeglichen Drehbewegungen des Triebstrangs geschützt werden. Da auch bei der mecha-
nischen Bremse aufgrund ihres Funktionsprinzips (Kraftschluss) ein gewisses Durchrutschen
(Schlupf ) nicht ausgeschlossen werden kann und die Rotorblätter auch in „Fahnenstellung“
Drehmomente erzeugen können, wird die sogenannte Rotorarretierung im Triebstrang inte-
griert. Diese stellt eine formschlüssige Verbindung zwischen einer rotierenden Komponente
und einer nicht rotierenden Komponente, zumeist demMaschinenträger, her. Das einfachste
und in der Praxis oft angewandte Prinzip sieht vor, einen Bolzen, hydraulisch oder elektrisch
angetrieben, in eine in den Triebstrang integrierte Lochscheibe einzuführen (Bild 6.18) . Bei
kleineren Anlagen wird das Einlegen des Bolzens oft auch von Hand direkt oder mithilfe eines
Gewindes vorgenommen.
Die Lochscheibe wird dabei oft in direkter Nähe zur Rotornabe platziert. Dies maximiert die
Anzahl der fixierten Komponenten und bietet den Vorteil, im Notfall auch einen Getriebeaus-
tausch bei entsprechender Lagerung sicher vornehmen zu können. Allerdings ist die Vorrich-
tung in diesem Fall extremen Belastungen durch den Rotor ausgesetzt und muss dementspre-
chend dimensioniert werden.
Neben der Arretierung unmittelbar am Rotor gibt es außerdemÜberlegungen, die Arretierung
hinter dem Übersetzungsgetriebe vorzunehmen. Ein Beispiel ist hier der Eingriff in eine ver-
zahnte Bremsscheibe in Kombination mit einer dort platzierten Rotordrehvorrichtung. Dies
hat den Vorteil, dass die Belastungen durch Drehmomente durch die Übersetzung entspre-
chend reduziert werden würden. Es ist aber zu beachten, dass sämtliche Lasten auch auf das
Getriebe wirken. Zudem wäre im Falle eines Getriebeschadens keine Arretierung mehr mög-
lich.
Da ein manuelles Anfahren der Arretierposition über eine Zielbremsung schwierig ist und das
Drehen per Hand (nur möglich bei Anlagen mit Übersetzungsgetrieben kleinerer Leistungs-
klassen) ein Verletzungsrisiko birgt, sollte eine Möglichkeit zur Drehwinkelverstellung, eine
Rotordrehvorrichtung oder auch Turn-Antrieb, eingebunden werden. Zur Realisierung dieses
Antriebs gibt es verschiedene Ansätze. Neben zusätzlichen Antrieben, die mittels Ritzel in be-
sagter verzahnter Bremsscheibe kämmen (Bild 6.18) , können auch getriebeintegrierte Lösun-
gen von Zulieferern bezogen werden oder hydraulische Linearstellglieder zum Einsatz kom-
men. Auch die Verwendung des Generators als Motor oder eine automatische Zielbremsung
mithilfe der aerodynamischen und mechanischen Bremse wird in der Praxis umgesetzt.
Rotordrehvorrichtungen werden aber nicht ausschließlich für die Drehwinkeleinstellung bei
der Arretierung, sondern auch bei der Einzelblattmontage verwendet. Hier sind die Vorrich-
tungen aber aufgrund der großen statischen Lasten, resultierend aus der Schwerpunktexzen-
trizität des Rotors, deutlich leistungsstärker ausgeführt und kommen in der Regel als mobile
Einheiten nur bei der Montage zum Einsatz.
 
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