Environmental Engineering Reference
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Die Gerbstoffe sind wasserlöslich und bilden typischerweise braune Lösungen mit einem pH
zwischen 3 und 5,5. Zur stofflichen Nutzung werden sie aus geeigneten Pflanzen z. B. mit hei-
ßem Wasser, Ethanol, 0,5 % NaOH- oder 2 % Na 2 CO 3 -Lösung extrahiert und getrocknet [16].
Struktur/Eigenschaften:
Die wasserlöslichen phenolischen Gerbstoffe sind oft Oligomere oder Polymere mit Molmas-
sen zwischen 500 und 3000 g/mol - in Einzelfällen bis 30.000 g/mol. Sie binden im Sinne
einer Proteinpräzipitation [17] an das Kollagen der Tierhaut unter Bildung von Wasserstoff-
brückenbindungen oder durch Dipolwechselwirkungen insbesondere mit aromatischen Struk-
turinkrementen (siehe Bild 69). Die phenolischen Gerbstoffe durchdringen das Geflecht aus
Kollagenfasern langsamer als die Chrom-Verbindungen und es sind größere Gerbstoffmengen
für eine vergleichbare Gerbwirkung notwendig, was zu höheren Flächengewichten der vegeta-
bil gegerbten Häute führt. Außerdem wird nicht die gleiche Lichtechtheit wie bei Chrom-ge-
gerbten Häuten erreicht. Da die Pflanzenextrakte Reste von Zuckern enthalten, sind die rein
vegetabil gegerbten Häute nicht vor Schimmelbildung geschützt. Synthetische Tannine (Synta-
ne) enthalten keine Zuckermoleküle und sind dadurch fungistatisch, so dass vegetabile Tannine
durch die Beimischung von Syntanen schimmelbeständig werden [14].
Die Tannine können in zwei Stoffklassen eingeteilt werden: Kondensierte Tannine oder Cate-
chin-Gerbstoffe, abgeleitet vom Catechin Bild 307, und hydrolysierbare Tannine, abgeleitet
von der Gallussäure [18]. Tannine beider Klassen besitzen zahlreiche reaktive phenolische
Hydroxylgruppen. Die kondensierten Tannine, auch Proanthocyanidine, sind Polymere mit
Flavonoid-Untereinheiten. Sie sind auch hydrolysierbar, dies aber nur durch starke Säuren und
gehen dabei in Anthocyanidine über.
Bild 307 (+)-Catechin und (−)-Epicatechin und als typische kondensierte Gerbstoffe pflanzlichen Ur-
sprungs sowie (+)-Gallocatechin und (−)-Epigallocatechin als hydrolysierbare Tannine [18].
Typische kondensierte Gerbstoffe natürlichen Ursprungs sind Catechin und das Stereoisomer
Epicatechin. Catechin kommt in vielen Rinden, Hölzern und Früchten vor [18]. In der Natur
finden sich nur zwei der vier möglichen Stereoisomere, das (+)-Catechin und das (−)-Epicate-
chin, beide mit R-Konfiguration am 2-Kohlenstoff des gesättigten Sechsrings. Die Monomere
sind nicht als Gerbstoff wirksam, durch säurekatalysierte Kondensation der Monomere werden
die eigentlichen oligomeren bis polymeren Gerbstoffe erhalten, die Proanthocyanidine, die mit
steigendem Polymerisationsgrad immer wasserunlöslicher werden (siehe Bild 308). Die Pro-
anthocyanidine sind in oligomerer Form in Wein, Tee, Kakao und anderen Genussmitteln ent-
 
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