Environmental Engineering Reference
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Insbesondere die Herstellung von Fasern, Filmen und Beschichtungen wurde intensiv unter-
sucht, da Chitin und Chitosan durch die Biokompatibilität und biologische Abbaubarkeit viel-
versprechende Materialien für medizinische Anwendungen sind [2]. Die Faserherstellung in
Analogie zum Viskose-Verfahren (siehe Kap. 4.1.2) ist zwar wie beschrieben schwieriger [13],
kann aber unter speziellen Bedingungen dennoch in analoger Weise durchgeführt werden. Eine
Extrusion des Chitins ist nach Vorbehandlung in kalter konzentrierter Natronlauge, Zerkleinern
und Bildung des Chitin-Xanthats mit Kohlenstoffdisulfid möglich. Für Celluloseregeneratfa-
sern, denen Chitin oder Chitosan beigemischt wurde, werden verbesserte antimikrobielle Ei-
genschaften der so erhaltenen Cellulose/Chitin-Hybridfasern berichtet [22]. Teilweise wird
auch der flüssigkristalline Charakter des Chitosans genutzt, um aus der lyotropen Phase (Bil-
dung einer flüssigkristallinen Phase durch Zugabe geeigneter Lösungsmittel [161]) Fasern zu
verspinnen. Auf Basis des Chitosans kann eine Faserherstellung durch Auflösen des Chitosans
in verdünnter Essigsäure und Verspinnen in alkalischen Koagulationsbädern erfolgen. Für
medizinische Anwendungen in Form von chirurgischem Nahtmaterial sind definierte Quel-
lungsgrade und bestimmte Löslichkeitseigenschaften in organischen Lösungsmitteln erforder-
lich [164]. Für die Herstellung von Filmen ist es notwendig, Chitosan in einem geeigneten
Lösungsmittel aufzulösen, das anschließend verdampft wird. Aus prozesstechnischer und öko-
logischer Sicht ist dies nicht vorteilhaft. Der Ansatz führt aber zu flächenförmigen Chitosan-
Gebilden, die beispielsweise als Membran oder in medizinischen Anwendungen zum Einsatz
kommen können, und so Produkte mit hoher werkstofflicher Wertschöpfung ermöglichen.
Noch hochwertigere Anwendungen für partiell deacetyliertes Chitin werden in der Medizin
angestrebt: Chitin kann als Wirkstoffüberträger („drug carrier“) eingesetzt werden. Es wurde
festgestellt, dass Chitosan auch als Tumorsuppressor wirksam ist [165]. Eine ausführliche
Übersicht zur Herstellung von Fasern und Filmen findet sich in [13] sowie [22] und zahlreiche
weitere Anwendungen in [160] und [166].
Für die medizinischen Anwendungen wird zumindest teilweise auf biotechnologisch herge-
stelltes Chitin bzw. Chitosan zurückgegriffen, um eine höhere Reinheit der Produkte zu ge-
währleisten [153]. Produkte wie Wundauflagen (blutstillende Schwämme), Nahtmaterial oder
auch Implantate können aus Chitin oder Chitosan hergestellt werden. In der Urologie kommen
beispielsweise Katheter aus tubulär extrudiertem Chitosan zum Einsatz (siehe Bild 160), die
nicht mehr wie solche aus petrochemischen Kunststoffen wieder entfernt werden müssen, son-
dern die sich nach einer gewissen Zeit wieder abbauen. Dies erspart dem Patienten den unan-
genehmen Behandlungsschritt der Entfernung des Implantats [167]. N-Acetyl-Chitosan-Form-
körper mit röhrenförmiger Geometrie lösen sich z. B. in künstlichen Urin auf einer Zeitskala
von 5-8 Stunden auf [168].
 
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