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Harz/PF-Harz/PMDI-Harz von 1/3/5 an [79]. Die Proteinbindemittel sind damit in jedem Fall
noch teurer. Da die Kosten des Bindemittels mit 20 % (zitiert in [80]) bis 27 % (zitiert in [11])
der Herstellungskosten der Spanplatten angegeben werden, wirkt sich dies stark auf den End-
preis des Produkts aus. Hinzu kommt, dass die Verarbeitungsverfahren der biogenen Bindemit-
tel aufwendiger sind. Insbesondere bei der Spanplattenherstellung würde die Verwendung von
Proteinbindemitteln zu einer deutlichen Verlängerung der Presszeit führen. Versuche zeigten
bei Sojaprotein-gebundenen Spanplatten Presszeiten in der Größenordnung von 60 s/mm, wäh-
rend bei der großindustriellen Spanplattenherstellung Presszeiten von 10 s/mm verwendet
werden. So lange kein Markt gefunden werden kann, der aufgrund der deutlich niedrigeren
Emissionswerte höhere Kosten für die Holzfaserplatten akzeptiert, lassen sich die biogenen
Bindemittel auf Proteinbasis voraussichtlich nicht in der Breite etablieren.
Ökologische Aspekte
Die Proteinmengen, die zur stofflichen Nutzung verwendet werden könnten, sind naturgemäß
begrenzt. So stehen in Europa ca. 1,5 Millionen Tonnen an Proteinen zur Verfügung [81] und
in Deutschland ca. 45.000 [82]. Im Wesentlichen wird das Sojaöl als Lebensmittel verwendet
und das Sojaprotein als Tierfutter. Eine stoffliche Nutzung steht somit in Nahrungsmittel- bzw.
Futtermittelkonkurrenz. Da Anbauflächen nicht unbegrenzt ausgedehnt werden können und
weltweit ein immer größeres Defizit an Ackerflächen entstehen wird (siehe Bild 18), kommt
der Nahrungsmittelkonkurrenz eine immer größere Bedeutung zu, wenn man nachhaltige
Werkstoffe einführen will. Wenn Sojaprotein als Tierfutter substituierbar wäre, ergäben sich
interessante Perspektiven in seiner Funktion als biogenes Bindemittel, das auch z. T. als Ersatz
für petrochemische Duroplaste tauglich ist. Die mögliche Emissionsreduzierung ist für Verar-
beiter in den Werken und für den Endverbraucher ein großer gesundheitlicher Vorteil.
Tabelle 23 Werkstoffprofil Sojaprotein.
Stärken:
Schwächen:
vergleichsweise günstiger biogener Werkstoff
für eine der interessanten Anwendungen (Holz-
werkstoffplatten) trotzdem zu teuer und aufwendig
biogenes Bindemittel mit äußerst niedrigen VOC-
Emissionen
Nahrungs- bzw. Futtermittelkonkurrenz
grundsätzlich für viele gängige Verarbeitungsver-
fahren geeignet
feuchtigkeitsempfindlich
3.4 Casein
Herstellung / Vorkommen
Casein von lat. Caseus = Käse ist das Haupteiweiß der Milch, das in Kuhmilch in Form von
Calciumcaseinat zu etwa 3 % enthalten ist. Bei anderen Spezies liegt der Caseingehalt der
Milch zwischen 1,6 % (Mensch) und 10,3 % (Rentier) [1]. Bei der Herstellung von Käse wird
das Casein mit Lab ausgefällt, einem Gemisch der Enzyme Chymosin und Pepsin aus dem
Labmagen von jungen Wiederkäuern. Die flüssigen Bestandteile der Milch (Molke) können
dann abgetrennt und das Casein zum Lebensmittel Käse weiterverarbeitet oder einer werkstoff-
lichen Verwendung zugeführt werden. Zur weit zurückreichenden Historie des Caseins siehe
auch Kap. 2.1, Werkstoffe und wichtige Stoffströme.
 
 
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