Environmental Engineering Reference
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Struktur / Eigenschaften
Sojaprotein ist ein Speicherprotein, das der Pflanze als Energieträger für die Keimphase dient.
Als Bestandteile können zunächst wasserlösliche Albumine und in Lösungen von Neutralsal-
zen lösliche Globuline unterschieden werden [68]. Sedimentationskoeffizienten, die mittels
Zentrifugieren ermittelt werden können, bilden die Basis für eine Einteilung in vier Fraktionen,
die als 2S, 7S, 11S und 15S bezeichnet werden. Die 2S-Fraktion bildet 20 % des Proteins, die
7S-Fraktion wird als Conglycinin bezeichnet und bildet 30 % des Proteins. Die 11S-Fraktion,
die man als Glycinin bezeichnet, beinhaltet Speicherproteine und macht 35 % des Proteins aus,
die 15S-Fraktion bildet 15 % des Proteins und besteht aus aggregierten 11S-Einheiten. Soja-
protein ist besonders reich an polaren bzw. hydrophilen Aminosäuren (siehe Tabelle 20) und
besitzt dadurch eine für Pflanzenproteine hohe Wasserlöslichkeit, was für die werkstoffliche
Nutzung teils vorteilhaft ist, zum Teil aber auch zu Problemen in der Anwendung führt.
Andererseits bieten Aminosäuren, die Carboxylgruppen, primäre und sekundäre Aminogrup-
pen, aliphatische und aromatische Hydroxylgruppen und Thiolgruppen enthalten, Ansatzpunkte
für Vernetzungsreaktionen. Sojaprotein ist besonders reich an diesen Aminosäuren.
Anwendungen
Bei der Beschäftigung mit Biopolymeren bzw. Biokunststoffen gibt es mehrere Berührungs-
punkte mit historischen Entwicklungen von Henry Ford, der schon in den 1910er Jahren be-
gann, Werkstoffe auf Basis biogener Rohstoffe für den Automobilbau zu entwickeln. Sojapro-
teine sind dafür ein besonders prägnantes Beispiel [69].
Schon 1915 wurde ein Spulengehäuse für das Ford T-Modell (die „Tin-Lizzy“, das erste fließ-
bandgefertigte Automobil) aus einem Verbundwerkstoff aus Weizen-Gluten-Harz und Asbest-
fasern gefertigt. Schon zu dieser Zeit war die Motivation für Henry Ford werkstoffliche Anwen-
dungen, bzw. Nicht-Nahrungsmittel-Anwendungen, für Überschüsse aus der Landwirtschaft zu
finden - zur damaligen Zeit ein äußerst weitblickender Ansatz des Stoffstrommanagements
bzw. der Kreislaufwirtschaft.
In den 1920er Jahren wurde die Aufmerksamkeit auf Soja als Rohstoffbasis verlagert und zu-
nächst Sojaöl in Farben und Lacken (Kap. 16.6) sowie als Gummiersatz verwendet. Außerdem
wurde Glycerin aus Sojaöl in Stoßdämpfern eingesetzt. Lösungen von Sojaprotein wurden in
Analogie zum Viskoseverfahren, das in den 1890er Jahren entwickelt worden war, in einem
Fällungsbad aus Formaldehyd extrudiert, um Fasern für die Sitzpolster der Fahrzeuge zu ver-
spinnen.
 
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