Geography Reference
In-Depth Information
wechselt werden kann − und das heißt, mit der Einzelmedien simuliert werden
können, die den entsprechenden Formen angehören. (Genau genommen wäre der
Computer damit kein Medium mehr im Sinne von Luhmann oder Heider, son-
dern eine Maschine, mittels derer sich alle bisherigen durch Medientechniken
ermöglichten Formen generieren lassen. Das heißt, eine Medientheorie, die auf
Medialität abhebt, hat selbst ein mediales Apriori, nämlich den Computer, der
uns in seinem Gebrauch das Wechseln zwischen Bild, Schrift und Klang erlaubt
und vor Augen bzw. vor Ohren führt.)
Doch auch wenn sich der Gedanke einer vom Medium unterschiedenen Me-
dialität heute leichter plausibilisieren lässt, weil wir Computer verwenden, so ist
der Gedanke jener medialen Differenz bereits zuvor formuliert worden: Neben
dem genannten Gestaltpsychologen Fritz Heider ist vor allem der Phänomenolo-
ge Edmund Husserl zu nennen, der seine Theorie zwei Jahrzehnte vor Heider
artikulierte. Dabei war es weder Heiders noch Husserls primäres Ziel, Technik-
philosophie zu betreiben, geschweige denn, eine dezidierte Medientheorie aufzu-
stellen. In dem betreffenden Text Husserls (2006) beispielsweise (einer Vorle-
sung über ‚Phantasie und Bildbewusstsein' von 1905/06), geht es vielmehr da-
rum, das Phänomen der Phantasie - also die Einbildungskraft - zu analysieren.
Vom Bildmedium spricht Husserl nur, um zu klären, was für ihn Phantasiebilder
sind: nämlich Bilder ohne Träger − oder anders gesagt: Wahrnehmungen ohne
Medien. Für die Medientheorie und in der Folge für die mediengeschichtliche
Rekonstruktion entscheidend ist aber, dass er das Medium Bild als Dopplung
beschreibt. Er geht zwar noch nicht soweit wie McLuhan, zu behaupten, dass der
Inhalt von Medien andere Medien sind, wohl aber veranschlagt Husserl, dass
‚Bild' immer dann ist, wenn eine Differenzerfahrung gemacht wird. Husserl
spricht hierbei vom ‚Widerstreit' zwischen dem Träger − also dem Medium - im
Unterschied zur Erscheinung − also der am Medium wahrnehmbaren Form (wo-
von Husserl wiederum den Inhalt oder das von ihm sogenannte Sujet absetzt).
Es wäre freilich eine eigene Untersuchung wert, das mediengeschichtliche
Dispositiv von Husserls Bild- und damit Bewusstseinsverständnis zu beschrei-
ben; denn die Bilder, welche die implizite Grundlage seiner Theorie ausmachen,
sind Fotografien. In Rechnung gestellt werden muss also, dass Modelle des Be-
wusstseins (wie auch des Gedächtnisses) zumeist in Anlehnung an dominierende
Medientechniken einer Epoche gebildet werden, die dann als deren Metaphern
dienen. Die Membran des Telefons als Stimmband wäre eine solche Metapher −
aber auch das Bild als Modell des Bewusstseins, welches sich in der Renaissance
mit Leon Battista Alberti eingebürgert hat, der argumentierte, ein Bild könne
deshalb der Wirklichkeit ähneln, weil das Bewusstsein bereits selbst bildhaft sei.
Husserls Annahme über die Bildhaftigkeit der Wahrnehmung beruht damit auf
einem sich lange schon anbahnenden Medienmodell. Nicht das kann daher das
Search WWH ::




Custom Search