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Luhans Beispiel zu bleiben − das Erleben der Gemeinschaft durch das Verneh-
men der Stimmen der Versammelten, ersteres sind deren Körper oder Sprechor-
gane oder dann: Radio und Fernsehen. Dass McLuhan diese beiden Aspekte von
Vermittlungsweise und -technik nicht explizit trennt, muss nicht als ein Versehen
gewertet werden, sondern hat durchaus systematische Gründe, ist seine These
doch die, dass der Inhalt eines Mediums wiederum ein anderes Medium ist. Die-
ses Verhältnis kann auch anders denn tautologisch beschrieben werden: Hierfür
muss keineswegs die Kategorie des ‚Inhalts' als Gegensatz von ‚Medium' stark
gemacht werden − diese Dichotomie will McLuhan ja problematisieren −; viel-
mehr genügt es zunächst, den jeweiligen Zustand zu beschreiben, in dem ein
Medium Inhalt eines anderen Mediums ist: Was ein jeweils verwendetes Medi-
um ‚beinhaltet', ist nämlich nicht die vorausliegende Technik selbst, sondern die
Weise, wie die Vermittlung von den Mediennutzern wahrgenommen wird − und
das heißt vor allem, mittels welches Körpersinns die Botschaft empfangen oder
auch gesendet wird. Der Inhalt des Mediums ‚Telefon' ist zwar die Stimme
(welche nach McLuhan das vorausliegende ‚Medium' wäre). Nicht aber die
Stimme (und ein Sprecher als deren Träger) ist im Telefon enthalten, sondern das
Telefon vermittelt in akustischer Weise. Das alte Medium im Neuen ist daher
nicht der Sprecher, sondern das Auditive.
Gegenwärtig etabliert sich in der Medientheorie für besagte Differenz die be-
griffliche Unterscheidung zwischen dem Medium auf der einen und der Mediali-
tät auf der anderen Seite; also: dem Medium als der jeweilig eingesetzten Tech-
nik (Telefon) und der Medialität als der spezifischen Wahrnehmungsform (das
Auditive). Gegenwärtige Autoren, die sich dem Medialitätsansatz verpflichtet
fühlen, sind Sibylle Krämer (2008) oder Dieter Mersch (2012), die beide den
Begriff der Medialität medienanalytisch fruchtbar machen.
Der Hinweis auf die Differenzierung von Medium und Medialität verdankt
sich nicht zuletzt einem Vorschlag von Niklas Luhmann (1995), der - wiederum
im Rückgriff auf den Gestaltpsychologen Fritz Heider (2005) - zwischen Form
und Medium unterscheidet. Luhmann selbst betont dabei (und stellt McLuhan
somit regelrecht auf den Kopf) dass das Medium als Technik in seiner Verwen-
dung als Medium selbst gar nicht wahrgenommen wird. Wahrgenommen würde
vielmehr die spezifische Form eines Mediums. So im Falle des Telefons: die
akustische Form. Gegen diese Medialität tritt das Medium (der Telefonapparat)
nach Luhmann im Gebrauch zurück.
Sicher sollte nicht vergessen werden, dass das Denken der Differenz von
Form und Medium heute deshalb plausibel ist, weil eine Technik vorliegt, die
den mehr oder minder freien Zusammenhang oder die Kombinierbarkeit von
Medium und medialer Form erlaubt: Der Computer als die von Alan Turing
sogenannte ‚universelle Maschine', mithilfe derer die wahrnehmbare Form ge-
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