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der Daten und damit evtl. bevorstehende Überwachung ausgelegt. Panoptische
Performanz erhält das Archiv dennoch durch die schlichte Möglichkeit der Nut-
zung und Verschneidung der Daten. Technische Weiterentwicklungen sehen sich
keiner großen Beschränkungen gegenüber und erlauben eine immense Datenauf-
nahme, die wir hier in Anknüpfung an Marx (2011: 86) als Überwachung auffas-
sen. „Das Überwachen beginnt bereits mit dem Wissen der möglichen Aufge-
zeichneten […] und nicht erst mit dem tatsächlichen Akt des Aufzeichnens […].
Denn mit dem sedimentierten Wissen um die Möglichkeit, Gegenstand einer
solchen Aufzeichnung zu werden, verändert sich bereits die Wahrnehmungs- und
Handlungspraxis im Alltag“ (Bidlo 2011: 36f). Die dahinterstehenden Algorith-
men arbeiten darüber hinaus so komplex, dass ein Verstehen der Funktionswei-
sen kaum ersichtlich wird. „Der Online-Targeter braucht keine formale Identität
des Internet-Nutzers, keine Reisepassdaten, keine Sozialversicherungskarte und
keinen Personalausweis. Es reicht, jedem Benutzer ein stabiles Internet-
Pseudonym zu kreieren („Targeting“), das der Benutzer nicht abschütteln kann
(„Retargeting“), und zu diesem Pseudonym individualisierte Informationen zu
sammeln“ (Zeger 2009: 96). Das wirkt sich auf den Umgang mit den Daten
selbst aus. Bedeutung muss, um erscheinen zu können, immer räumlich und
zeitlich erfasst sein (Bunz 2007). Hierin liegt die Undurchdringlichkeit der Da-
tenspeicherung: Der Sinn der Daten, wie sie verknüpft und zu welchen Zwecken
sie verwendet werden (könnten), bleibt den Benutzern so lange unersichtlich, bis
dieser tatsächlich Gestalt annimmt, bspw. indem ihnen individuell zugeschnitte-
ne Kaufangebote gemacht werden. Daten, die über Personen gesammelt werden,
sind also nur dann ‚von Bedeutung', wenn sie sich auch zeigen. Wenn der Nut-
zer Spuren hinterlässt, die für ihn unsichtbar sind, ist der Umgang mit ihnen
entsprechend freizügig.
Der angesprochene Kontrollverlust wird zusätzlich verstärkt, indem durch die
Weiterentwicklung von Algorithmen, Daten verschiedensten Ursprungs, in er-
höhtem Maße verknüpft werden können. Das digitale Zeitalter bringt einen Ver-
lust der Kontrolle über die von uns abgegebenen Daten mit sich. Wir haben kei-
nen Einfluss mehr darüber, wie sämtliche Daten durch eine Abfrage über die
Zeit und durch den Rekurs auf Georeferenzen auch räumlich verknüpft werden.
Dieser Punkt ist wichtig, um das veränderte Verständnis von Räumen, ebenso
wie die Konzeptionalisierung der Privatsphäre (siehe 3.1), welche sich aus geo-
referenzierten Daten ableiten, verstehen zu können.
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