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- zu entfremden, neu zu ordnen und in anderen Kontexten zu kombinieren. Ge-
nau dies passiert im Archiv durch die query, die auf ersteres zurückgreift. Aus
den erweiterten Daten, die wir abfragen können (Fotos, Texte, Videos, körperbe-
zogene Informationen), ergeben sich wiederum schier unbegrenzte Möglichkei-
ten ihrer Kombination. Dabei geht es nicht primär um die Datenformate selbst,
sondern um ihre Anordnung. Trotz „flacher Hierarchien“ - das heißt, Daten
werden im Archiv nicht nach Relevanzen angeordnet - entsteht eine gewisse
Ordnung und zwar im Moment der Abfrage. Welches Ergebnis die jeweilige
Abfrage haben wird, erfolgt nicht nach linearen Mustern, sondern wird unvor-
hersehbar.
Wissen generiert sich im Archiv dann nicht durch die Daten selbst, sondern
durch die Abfrage, die an den Datenpool gestellt wird, nach der Art und Weise,
wie die Daten vernetzt und interpretiert werden. Diese Aufgabe übernehmen
nicht - im historischen Sinne - Archonten, die wichtige offizielle Dokumente
speicherten und interpretierten, sondern vielmehr durch Mitarbeiter der Unter-
nehmen ständig aktualisierte Algorithmen, die beispielsweise individuelle Wer-
beangebote daraus generieren. „Targeten und Tracken, Identifizieren und Nach-
spüren sind arbeitsteilige Prozesse“ (Zeger 2009: 101). Problematisch wird
dieser Umgang, wenn anonyme Dritte auf Daten zurückgreifen und sie für
schwer absehbare Zwecke nutzen.
Ein genauerer Blick auf die Funktionsweise des Archivs in Zusammenhang
mit der query lässt erkennen, dass Serviceanbieter durch eine Abfrage Zugriff
auf die erwähnten Metadaten, die der Servicenutzer (prosumer) im Vorgang
seiner query hinterlässt, erhalten. Im speziellen Fall von Geodaten respektive
Geomedien werden dabei im Archiv nicht nur Daten über die Person angelegt,
sondern gleichsam auch über ihre erdräumliche Position, durch die Analyse von
raumbezogenem Handeln. Allerdings existiert ein Ungleichverhältnis im Grad
des jeweiligen Informationszugangs - ein Informationsgefälle: Die Anbieter
wissen mehr über die Nutzer als umgekehrt. Folglich ist das Archiv an Daten
nicht für alle dasselbe. Aus diesen unterschiedlichen Abfrageintensitäten ermisst
sich dann auch der Wert von Informationen. Wenn nur bestimmte Nutzer gezielt
ausgewählte Informationen erhalten bzw. ihnen andere verweigert werden, kann
das dazu führen, dass ihnen gewisse Handlungsoptionen eröffnet oder aber ver-
wehrt werden, was sich hinter dem Begriff des „social sorting“ verbirgt (Hor-
nung 2011: 253).
Aufgrund der Tatsache, dass dem Archiv kein fester Ort im Sinne einer gro-
ßen geordneten Bibliothek zugewiesen ist, in der alles statisch sortiert und sys-
tematisch für alle auffindbar ist, kann „man das Archiv nie ganz erschließen oder
ausschöpfen“ (Gehring 2004: 65). Dabei ist das Archiv nicht genuin auf Nutzung
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