Geography Reference
In-Depth Information
Möglichkeiten, sich zu verirren. Es kam, wie es kommen musste...“ (Unbekannt
in Süddeutsche Zeitung 2011)
Unterscheiden wir zunächst mal Vektor- und Rasterkarten in GPS-Geräten.
Rasterkarten sind wie Papierkarten, aber in Pixelgrafik; sie haben eine vertraute
Optik, sind aber in ihrer spezifischen Auflösung nur wenig zoombar. Eine Vek-
torkarte zeigt mir einen vorgewählten Weg in Fahrtrichtung ohne Nordpfeil, mit
Höhendaten, Points of Interest und Autorouting . Ich muss also nur noch fahren,
Display im Blick oder „Gabi“/ „Werner“ im Ohr.
Der Fall: Der GPS-Gerätehersteller Garmin lobt die Vektorkarte, z.B.
„TransAlpin“: „Eine einzige Karte enthält mehr als 9000 km Alpencross-
Kilometer - und 18 beliebte Routen. Und weil die Karte ‚intelligent' ist, kann ich
mit ihr bei Schlechtwetter kurzerhand umplanen. Sie gibt mir auch jede Menge
Zusatzinfos - Hütten, Bergbahnen, Bike-Shops, Apotheken - und erlaubt Au-
torouting. Ich gebe der Karte meine Wünsche und die Ziele unterwegs vor - und
sie erstellt mir einen individuellen Routenvorschlag. 3
Nun, 9000 Kilometer enthält eine traditionelle Karte auch, aber sie knittert
und ist nicht wasserfest; sie zeigt mir nicht von sich aus meinen Standort und
liefert ihre Daten unsortiert, zudem noch ohne Wettervorhersage und ohne aktu-
elle Speisekarte der Hütte; es gibt sogar Karten-Wege, die es gar nicht mehr gibt
(vgl. Rhode-Jüchtern 1996, 157-177). Das ist wenig komfortabel, man hat sie
vor Augen, die Menschen, die sich da mühselig über die Karte beugen, ver-
knautscht aus der Kartentasche am Lenker oder Beintasche. Andererseits braucht
sie keinen Akku und kein tägliches update (die Laufendhaltung durch die Ver-
messungsämter kommt in den jeweils neuen Karten um Jahre verspätet in der
Gesellschaft an); sie behauptet auch nicht, selbst „intelligent“ zu sein. Mensch
und Werkzeug sind eine ganz eigene Kooperations-Gemeinschaft. Die Karte ist
auch ein Werkzeug, will aber vom Menschen prinzipiell verstanden und gelesen
werden, in ihrem Maßstab, in ihren selektiven Darstellungen und Signaturen, in
ihrer Unschärfe, eben in ihrem kartographischen Konzept . Man weiß: Eine groß
gezeichnete Autobahn kann ein Dauerstau („Kölner Ring“), also besonders lang-
sam sein; ein Wanderweg kann im Dornengestrüpp verschwunden sein; eine
Straßensperre oder Grenze quer zur Straße kann Tage oder das Leben kosten.
Die Karte führt nicht zum Ziel („Biegen Sie jetzt links ab!“), mit ihr kann man
aber das Ziel finden, mit Verstehen und Verstand. Indem die Karte eine Passung
mit dem (mediumspezifisch kritischen) Anwenden verlangt, verändert sie auch
den Anwender in seiner Handlung.
3 „Die Richtung stimmt“(Unbekannt in 4-Seasons 2011). Dieser Text ist nicht als Werbung ausge-
wiesen, sondern erscheint im redaktionellen Design unter der Kopfzeile „Aktuell“.
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