Geography Reference
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onen (insbesondere in Ländern wie den USA, Kanada und Großbritannien) und
internationalen Organisationen bei (bspw. www.data.gov).
Wie nun lassen sich Karten und kartographische Praktiken, die auf diesen
Entwicklungen aufbauen, aus einer sozialwissenschaftlichen Perspektive begrei-
fen? Dafür werden wir im Folgenden zunächst auf das Theorieangebot der Kriti-
schen Kartographie zurückgreifen, die als eine Kritik des hegemonialen Karto-
graphieverständnisses in der anglosprachigen Geographie und Kartographie seit
den 1980er Jahren entstanden ist. Hier wird aber zugleich deutlich werden, dass
die Kritische Kartographie Schwächen in Bezug auf eine Untersuchung der neu-
en Formen kartographischer Praxis und Repräsentation aufweist, die sich im
geoweb entwickeln. Daher scheint es uns geboten, einige konzeptionelle Erwei-
terungen im Sinne eines post-repräsentationalen Zugangs zu Karten vorzuschla-
gen, um den komplexen Entstehungszusammenhängen sowie der Dynamik von
web2.0 Karten besser gerecht werden zu können.
3 Der Beitrag der Kritischen Kartographie
Seit den 1980er Jahren hat sich in der anglophonen Geographie eine sozialwis-
senschaftliche Auseinandersetzung mit Karten und Kartographie etabliert, die
seither unter dem Label der Critical Cartography firmiert. Den Ausgangspunkt
bilden in erster Linie Arbeiten von Brian Harley (Harley 1988, 1989), John Pick-
les (Pickles 1992, 2004) und Denis Wood (Wood 1986, 1992a, 1992b), welche
die Basis für unterschiedliche theoretische und methodische Ansätze legen. Ge-
mein ist diesen Arbeiten eine mehr oder weniger poststrukturalistische und kon-
struktivistische Grundhaltung, die der Auseinandersetzung mit Karten und kar-
tographischen Paradigmen eine spezifische Richtung vorgibt.
Ausgehend von Ansätzen einer semiologischen Kartographie, die um Anre-
gungen von Michel Foucault und Jacques Derrida erweitert wurden, legt insbe-
sondere Harley die Basis für eine sozialkonstruktivistische Perspektive auf Kar-
ten. Gegenüber naturalistischen und objektivistischen Vorstellungen, welche
Karten in Begriffen einer wirklichkeitsgetreuen Abbildung der Erdoberfläche
verstehen (Leser et al. 2005; Kohlstock 2004), werden Karten hier als Text be-
griffen. Als Text sind Karten Teil von Diskursen, symbolischen Ordnungen und
Machtverhältnissen und damit im Hinblick auf ihren Inhalt und ihre Darstel-
lungsweise niemals neutral. Sie sind Produkte privilegierten Wissens und zu-
gleich selbst Produzentinnen und Stabilisatorinnen von Machtverhältnissen,
indem sie beanspruchen, Gegebenes abzubilden und dieses zugleich naturalisie-
ren (Harley 1988: 278). Alle Karten sind bei Harley in diesem Sinne als interes-
sengeleitete Texte zu begreifen, die bestrebt sind, Aussagen über spezifische
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