Travel Reference
In-Depth Information
Am 11. März des Jahres 1702 wurde
Londons erste Tageszeitung, The Daily
Courant, im Fleet-Street-Gebiet gedruckt
und ausgeliefert. Schon bald galt Fleet
Street damit als die Pressestraße, denn
eine ganze Reihe von täglich erscheinen-
den Druckerzeugnissen kam nun auf den
Markt. The Daily Courant erschien 1735
zum letzten Mal. Von all den im 18. Jh.
gegründeten Zeitungen überlebte nur
eine einzige bis heute: 1785 erschien die
erste Ausgabe des Universal Daily Regis-
ter, drei Jahre später änderte man den
Namen, nun hieß die Zeitung The Times.
Der letzte Zeitungsverlag verließ die
Fleet Street im Jahre 1989. Heutzutage
werden in Londons einstiger Pressemei-
le Zeitungen nur noch verkauft und nicht
mehr gedruckt. Der Niedergang begann,
als im Jahre 1981 der Australier Rupert
Murdoch die altehrwürdige Times erwarb.
Murdoch, der damals bereits die Londo-
ner „Bildzeitung“ The Sun in seinem Be-
sitz hatte, investierte fast eine Viertel-
milliarde Euro in neue Satz- und Druck-
technologien. In den Docklands entstand
eine neue Druckstraße, die auch von un-
bzw. angelernten Kräften bedient wer-
den konnte. Der Pressezar forderte von
seinen Arbeitern und Angestellten Streik-
verzicht sowie die freiwillige Aufgabe der
Gewerkschaftszugehörigkeit. Während
der langen arbeitsrechtlichen Auseinan-
dersetzung verloren rund 5000 Drucker,
Setzer und Redakteure ihren Job und
Murdoch hatte den restlichen Zeitungs-
verlagen einen neuen Weg zur rationelle-
ren Produktion gewiesen.
Heutzutage geht es in der Fleet Street
keineswegs mehr so hektisch zu wie
noch vor einigen Jahren. An Wochenen-
den liegt die Straße fast ausgestorben
da, die berühmten Pubs (s. S. 172), in
denen während der 1970er- und 1980er-
Jahre noch die Redakteure und Pressefo-
tografen mittags ihren Lunch und abends
ihr Bier zu sich nahmen, sind dann ge-
schlossen. In den einstigen Redaktionen
und Druckereien haben heute andere
Gewerbe ihre Büros, Fleet Street ist eine
ganz normale Geschäftsstraße gewor-
den. Nur die beiden Nachrichtenagentu-
ren Reuters und Associated Press bemü-
hen sich, die Erinnerung an die „Straße
der Tinte“ am Leben zu erhalten.
Fleet Street mündet in den Strand,
schon näher am königlichen Hof gele-
gen. Als hier noch die Aristokratie leb-
te, tätigte man natürlich keine Geschäf-
te, sondern lebte vielmehr prunkvoll in
seinen prächtigen Gemäuern. Noch heu-
te ragen monumentale Fassaden rechts
und links vom Strand auf und eine Rei-
he von Institutionen der London Uni-
versity oder Büros der BBC residieren
in den Gebäuden. Tagsüber fehlt dem
Strand trotz der teils beeindruckenden
Bauten das rechte Ambiente, er präsen-
tiert sich dem Besucher eher mit der At-
mosphäre einer Durchgangsstraße. Erst
am Abend, wenn die Theater ihre Pfor-
ten öffnen, ändert sich dieses triste Bild.
Herren im Smoking und Damen in teuren
Roben strömen in die Theater und neh-
men nach der Vorstellung ihren Nacht-
drink in den eleganten Bars des Savoy
oder Waldorf Hotels ein.
Richtig vornehm ging und geht es noch
im Viertel St. James zu, das ja noch im-
mer fast im Herzen der Macht liegt. Ne-
ben den hochherrschaftlichen Adelspa-
lästen entstanden hier die berühmten
Clubs, die auch im frühen 21. Jahrhun-
dert keineswegs obsolet geworden sind.
Die Mitglieder dieser Clubs, hohe Mi-
nisterialbeamte, Politiker, anerkannte
Search WWH ::




Custom Search