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(Statue, Akt, Büste), das Porträt wird
zur Darstellung des unverwechselba-
ren Individuums.
Zentralperspektive
„Die Entdeckung, dass objektiv gleiche
Größen umgekehrt proportional zu
ihrem Abstand vom Auge erscheinen.“
Dank Brunelleschis Entdeckung der
Proportionsregeln ließ sich der drei-
dimensionale Raum mittels geometri-
scher Hilfsmittel erstmals auf einer
ebenen Fläche darstellen (optisches
Kontinuum, Wirklichkeitsillusion). Der
Blickwinkel (des Architekten, Bildhau-
ers, Malers) wurde damit zu einer
Ästhetik (anstelle einer Weltanschau-
ung) und zu einer Wissenschaft (an-
stelle eines Dogmas oder Glaubens),
und der Mensch wurde damit endgül-
tig zum Maß aller Dinge. Brunelleschis
Lehrmeister, der Florentiner Mathema-
tiker Toscanelli, entwarf astronomische
Rechenmaschinen und erforschte un-
bekannte Welten im All so wie sein
Schüler Kolumbus und etwas später
Amerigo Vespucci und Giovanni da
Verrazzano unbekannte Welten jen-
seits des Ozeans. In Florenz, dem
Weltzentrum der Optik, jagte bis ins
17. Jh. hinein eine wissenschaftliche
und künstlerische Sensation die ande-
re: Landvermessung, Kartografie,
Astrologie, Astronomie, die Erfindung
der Brille und der modernen Malerei;
Paolo Uccello, Leonardo da Vinci, Ga-
lileo Galilei. Die wissenschaflich-analy-
tische, ganz auf Nachahmung und
Nachbildung der Wirklichkeit ausge-
richtete Sehweise blieb bis ins
19./20. Jh. bestimmend, ehe Impres-
sionisten und Kubisten die sichtbare
Welt erneut in geometrische, jedoch
abstrakte Formen zerlegten. Das Pro-
blem der Perspektive und der Tiefen-
dimension wurde im Ansatz aber be-
reits von Michelangelo und Leonardo
in Frage gestellt (durch Verzerrung,
Monumentalität, Lichtbrechung etc.),
ehe Illusionismus und trompe l'oeil
zum schönen Spielzeug der Welt des
Barock gerieten.
Spedale degli Innocenti, Brunelleschi,
1419-24
Sagrestia Vecchia (San Lorenzo),
Brunelleschi, 1419
Cappella Pazzi (Santa Croce),
Brunelleschi, 1420
Duomo (Kuppel), Brunelleschi, 1420-43
San Lorenzo, Brunelleschi, ab 1425
Santo Spirito, Brunelleschi, ab 1434
San Marco, Michelozzo, 1437-52
SM Novella (Fassade), Alberti, ab 1458
Piazza del Duomo, Pienza, Rossellino,
1459-62
San Biagio, Montepulciano, Sangallo,
1518-43
Sagrestia Nuova (San Lorenzo),
Michelangelo, 1520
Biblioteca Laurenziana (San Lorenzo),
Michelangelo, 1524
Architektur
Das Haus Gottes war das A und O im
Mittelalter. Profane Architektur er-
schöpfte sich praktisch ausnahmslos in
Befestigungsanlagen wie Burgen,
Stadtmauern und Wehrtürmen. Eine
spektakuläre Sonderform des 12. und
13. Jh.s waren die hochaufragenden
Geschlechtertürme (case-torre) der
von ihren Ländereien vertriebenen
Adeligen, die toscanischen Städten
das Aussehen „mittelalterlicher Man-
hattans“ verlieh (s. San Gimignano,
S. 256), bevor das Bürgertum sie stut-
zen oder schleifen ließ.
Erst im Trecento entwickelte sich aus
der Casa-Torre (anfangs noch durch
Zusammenlegung angemieteter oder
enteigneter Adelstürme) der typische
toscanische Kommunalpalast oder Pa-
 
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