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gleichzeitig wachsen Neid, Orientie-
rungslosigkeit und Angst.
Die Kirche hält mit der Entfesselung
der gesellschaftlichen Dynamik nicht
Schritt und büßt einen Gutteil ihres
Einflusses (u. a. das Bildungsprivileg)
an neugegründete Bettelmönchsor-
den wie Franziskaner und Dominika-
ner ein. Die Kommunen machen in
immer neuen Formen und Varianten
politische Experimente durch, die
sich in erster Linie durch das funda-
mentale Misstrauen gegenüber jeder
Art von Obrigkeit auszeichnen (ein
bestimmender Zug der italienischen
Politik noch heute!).
Sprache und Literatur (Dante, Petrar-
ca, Boccaccio) befreien sich aus dem
Ghetto der (Bildungs-)Elite, das Hand-
werk (Architektur, Malerei, Bildhaue-
rei) emanzipiert sich und bricht mit
dem Kanon jahrhundertelang verin-
nerlichter Stereotypen (Nicola Pisano,
Giotto, Duccio). Zünfte und andere
merkantil geprägte Körperschaften
prägen den Alltag, in den Händen we-
niger sammeln sich immense Reich-
tümer (Aufstieg der Medici von Kauf-
leuten zu Bankiers). Die Guelfenme-
tropole Florenz profitiert vom Nieder-
gang der deutschen Staufer-Kaiser
und überflügelt erstmals Pisa, Lucca
und Siena.
nen als Nachfolger der Römer und zum
anderen der ersten Christen. Die Rück-
besinnung auf die eigene Vergangen-
heit wird zum Motor einer Aufbruch-
stimmung, die im darauffolgenden Jahr-
hundert in die florentinische Renais-
sance („Wiedergeburt der Antike“)
mündet.
Das etruskisch-römische Erbe führt
in der Toscana früher und umfassen-
der zu einer Stadtkultur als im übri-
gen Italien und Europa. Die Dynami-
sierung des Lebensgefühls (weg vom
Fatalismus des Agrarmenschen und
dem gemächlichen Rhythmus der
ewig wiederkehrenden Jahreszeiten,
hin zu einer Vita Activa, in der man die
Geschicke in die eigene Hand nimmt)
bringt eine Entfesselung der Ökono-
mie (Handel, Banken, Manufakturen)
und den Kampf um Selbstbestimmung
mit sich. Über den Fundamenten
etruskischer und römischer Gründun-
gen entstehen blühende Kommunen,
deren Bewohner sich aus der Bevor-
mundung durch Adel und Klerus lösen
und nach Autonomie trachten.
Auf das dominierende Pisa, das sei-
nen Aufstieg dem Seehandel verdankt,
folgen Lucca, Siena und Florenz, die
Reichtum nicht mehr „importierten“,
sondern selber schaffen: Expansion
des Bankenwesens und Weiterent-
wicklung der flandrischen Tuchmanu-
faktur zur vorindustriellen Produkti-
onsweise. Auch wenn immer wieder
Epidemien (Pest, Cholera) und Hun-
gersnöte die Bevölkerung dezimieren,
wachsen die Städte unaufhörlich. Zu
dem alten Gegensatz „frei/unfrei“ ge-
sellt sich der zwischen arm und reich,
Quattrocento
Das 15. Jh. setzt die sozialen und öko-
nomischen Umwälzungen des Trecen-
to als „Revolution in den Köpfen“ fort.
Renaissance bedeutet, dass der
Mensch sich erstmals selber als Mittel-
 
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