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thront Mariä Himmelfahrt hoch über
den Dächern der Stadt (und lässt selbst
die Florentiner vor Neid erblassen).
Wie bereits die Florentiner, empfan-
den auch die Sienesen ihren Dom
schon während des Baus als deutlich
zu klein geraten und sannen daher auf
Abhilfe. 1316 verlängerte man den
Chor nach Osten, geriet dabei aber
über die Anhöhe hinaus und musste
erst einmal einen soliden Unterbau
schaffen, woraus später die Taufkirche
(Baptisterium) wurde.
Geradezu wahnwitzig war jedoch
der Plan der Stadtväter, die Florenz
und Pisa unter allen Umständen zu
übertrumpfen gedachten, den schon
vorhandenen Dom noch einmal zu
überbauen und eine so gewaltige Ka-
thedrale zu errichten, dass der alte
Dom nurmehr das Querschiff abge-
ben sollte! Und sie zogen ihn hoch,
den „Duomo Nuovo“, mit drei Schif-
fen und einer gigantischen Front (die
noch heute pathetisch die Stadt über-
ragt), doch statische und finanzielle
Schwierigkeiten und die durch die
Pest von 1348 um fast zwei Drittel ver-
ringerte Bevölkerung setzten dem ehr-
geizigen Unternehmen ein Ende.
Was davon übrig geblieben ist, ist er-
staunlich genug (und z. T. sogar zu be-
steigen, wenn man das Dommuseum
besucht).
Der Dom, wie er heute steht, wurde
vor 1200 im romanisch-pisanischen
Stil begonnen. 1258 übernahmen die
ganz der Gotik verpflichteten Zister-
ziensermönche des nahen San Gal-
gano die Bauleitung und vollendeten
bis 1267 Mittelschiff, Kuppel und Chor.
Zwischen 1284 und 1297 arbeitete
Giovanni Pisano, der bedeutendste
Bildhauer seiner Zeit, an der Marmor-
verkleidung der Fassade, die die ver-
schiedenen Bauphasen deutlich zu er-
kennen gibt. Noch ganz romanisch-pi-
sanisch der um 1250 begonnene,
1313 vollendete Campanile, dessen
markante gleichmäßige Streifung und
sich aufwärts steigernde Fensterzahl
ungeahnte Leichtigkeit suggerieren.
Fassade
Die reich dekorierte Zuckerbäckerei
mag die Geschmäcker scheiden, man
muss jedoch bedenken, dass die Fas-
sade im Laufe von Jahrhunderten ent-
stand.
Eindeutig romanisch die ruhigen
Rundbogenportale, doch schon deren
Giebel spitzen sich zu und darüber,
eher dekorativ addiert als architekto-
nisch gegliedert, ragt es immer üppi-
ger gotisch empor zu Säulen, Strebe-
pfeilern, Büsten und Statuen von Pro-
pheten, Königen und Sibyllen, ein Feu-
erwerk aus Kreis, Bogen, Dreieck und
Viereck in gestreiftem Marmor.
Der Oberteil mit der großen Roset-
te und den drei durch Turmpfeiler ge-
trennten (aus statischen Gründen
asymmetrisch ausgebildeten) Giebeln
erinnert nicht von ungefähr an den
Dom von Orvieto, denn er wurde auf-
grund einer inzwischen erfolgten Er-
höhung des Mittelschiffs erst gegen
1370 aufgesetzt; die neugotischen
Mosaiken kamen gar erst im 19. Jh.
hinzu. (Alle Statuen und Büsten sind
Kopien, die Originale befinden sich im
Dommuseum.)
 
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