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vieles ist mit der Zeit „schlanker“,
insgesamt „raffinierter“ geworden
(wozu auch die deutlich verbesserte
Qualität des Olivenöls beiträgt), aber
in den Grundzügen wird noch heute
gekocht wie zu Großmutters Zeit.
Als Michelangelo zum ersten Mal
nach Bologna kam, staunte er nicht
schlecht über die üppigen Delikates-
sen der Emilianer. Die toscanische
Küche war schon damals nicht mit der
italienischen über einen Kamm zu
scheren.
Natürlich lagen Welten zwischen
der Alltagsküche der Wollweber und
den Festmählern der Signori, doch
selbst die Medici haben die Küche ih-
rer Zeit nie wirklich revolutioniert. Das
blieb erst Caterina de'Medici vorbehal-
ten, die 1533 nach Frankreich heirate-
te und als Regentin die französische
„Cuisine“ begründen half.
Wenn man so will, kann man das
„Geheimnis“ der toscanischen Küche
aber auch psychologisch sehen. Italie-
nische Männer träumen von dem, was
sie als Kind bekamen, und wollen es
immer wieder haben. Anders als Deut-
sche wollen Italiener, wenn sie Essen
gehen, nicht etwas anderes, sondern
genau das, was sie auch zu Hause es-
sen, aber immer seltener bekommen.
„Essen wie bei Mamma“, der Traum
von der heilen Welt. Diese erzkon-
servative Einstellung ist das Kennzei-
chen jeder bäuerlichen Kultur, aber
nirgends auch nur annähernd so ver-
breitet wie in Italien - und besonders
in der Toscana. Selbst in der Spitzen-
gastronomie, anders als z. B. in Frank-
reich, schwingen häufig Frauen den
Kochlöffel, und selbst viel gerühmte
Sternelokale sind oft überschaubare
Familienbetriebe, wie man sie andern-
orts kaum noch kennt. Trattorien und
Osterien sterben nicht aus; ganz im
Gegenteil, sie eröffnen sogar wieder.
Vielleicht etwas „moderner“ und zeit-
gemäßer, aber im Grunde so, wie sie
schon immer waren.
Fremde, die sich länger in der Tosca-
na aufhalten, beklagen oft die Unifor-
mität der Küche. Man kann sie auf
Dauer tatsächlich, so wie die „ewig
gleichen“ Madonnen mit Kind in Mu-
seen und Kirchen, als „eintönig“ emp-
finden, man kann sie aber auch als ei-
ne Herausforderung betrachten. Erst
nach der zehnten Bistecca oder dem
zehnten Wildschwein entwickelt man
ein Gespür für die Unterschiede und
wird entweder zum leidenschaftlichen
Jäger (nach den besten Crostini, dem
besten Vitello, den köstlichsten Funghi)
oder zum Gejagten (zum Teufel mit
dem Zeug - dem man aber gleich-
wohl kaum entrinnen kann).
Die Gastronomie
Ristorante sind Restaurants, Trattorie
könnte man als Wirtshäuser bezeich-
nen, und Osterie sind ursprünglich La-
denlokale (wie Metzgereien, Milch-
oder Gemischtwarenläden), die ne-
benbei einen Imbiss anbieten. Eine Be-
sonderheit von Florenz sind die Mes-
cite, die aus kleinen Weinhandlungen
hervorgegangen sind.
Die typischen Charakteristika haben
sich im Lauf der Zeit abgeschliffen,
doch in den Grundzügen bis heute
 
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