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erhalten. In den letzten Jahren ist so-
gar eine deutliche Wiederbelebung
erkennbar, fegt ein frischer Wind
durch die verkrustete Szene - eine Er-
neuerung der toscanischen Gastrono-
mie aus dem Geist der Postmoderne
(Lean Management, Jobkultur, Zerfall
der traditionellen Familie), aber in
vollem Einklang mit der Tradition. Fast-
food, aber auf toscanisch: Slow Food .
Wobei slow nicht „langsamer“ bedeu-
tet, sondern ökonomischer - leichter,
schlanker, frischer, gesundheitsbe-
wusster.
Der Siegeszug der „Neuen Osteri-
en“ kommt nicht von ungefähr: unge-
zwungene Atmosphäre, kleine Portio-
nen, frisch gemacht, schnell serviert,
erschwingliche Preise - sympathisch.
Auch wenn Trattoria gemütlicher
und bodenständiger klingt als Risto-
rante , sollte man sich nicht unbedingt
darauf verlassen. Oft kitzelt der Begriff
nur eine Sehnsucht hervor (gerade bei
Deutschen), die nur bedingt eingehal-
ten wird. Über die Qualität der Küche
sagt der Name überhaupt nichts aus.
Mahlzeit bestehend aus ein bis zwei
Vorgerichten, Hauptgericht, Nachspei-
se und Kaffee ist kein Luxus, sondern
eine Selbstverständlichkeit. Das muss
nichts „Besonderes“ oder Großartiges
sein. Zuerst etwas Wurst oder geröste-
tes Brot (Crostini) , gefolgt von einer
Suppe (Gemüse, Bohnen) und wo-
möglich noch Pasta (Spaghetti, Pici),
dann ein Stück Braten (Kalb, Huhn,
Kaninchen), hinterher Früchte je nach
Saison oder Gebäck, und zum Ab-
schluss ein Espresso. Kein Luxus, wie
gesagt, sondern Alltag.
Wenn man zum Essen geht, ist es
nicht anders. Es „gehört“ sich einfach,
eine ganze Mahlzeit zu ordern, ange-
fangen vom Antipasto (kalte Vorspei-
se) über Primo (warme Vorspeise)
und Secondo (Fleisch- oder Fischge-
richt) mit Contorni („Sättigungsbeila-
gen“ wie Gemüse, Salat, Kartoffeln)
bis zum Dolce und Caffè.
So schön dieser Brauch ist, er erfor-
dert erstens Zeit und zweitens Geld.
Und von beidem ist auch in der Tosca-
na immer weniger vorhanden. Das
blasse Erstaunen, wenn nicht Entset-
zen angesichts des Fremdlings, der oh-
ne Umschweife auf das Hauptgericht
zusteuert (oder sich gar auf einen lau-
sigen Primo beschränken will), wird
man daher kaum noch finden. Trotz-
dem wird einem der Wirt auch heute
noch in den meisten Fällen deutlich
zeigen, dass er es für eine barbarische
Sitte hält, was man da von ihm ver-
langt (wenn er sich nicht gleich in sei-
ner Ehre verletzt fühlt).
In Städten und Ferienregionen ent-
zieht man sich diesem Dilemma auf
Il Pasto / Die Mahlzeit
In Italien kochen Familien für Familien,
und entsprechend familiär und unge-
zwungen geht es zu. Das trifft auch
auf die Speisenfolge zu.
Wer einmal bei Italienern zu Hause
isst (und speziell in der Toscana, wo
man „italienischer“ isst als im Norden),
wird feststellen, dass selbst Bauernfa-
milien, die den Großteil des Tages im
Freien verbringen, fast immer ein re-
gelrechtes Menü zu sich nehmen. Eine
 
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