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Gozzolis „Zug der Heiligen Drei Könige“
Der Zug der Könige windet sich über drei Wände in märchenhafter Pracht durch eine
üppige toscanische Landschaft. Die biblische Geschichte dient lediglich als Vorwand für
die Inszenierung einer aristokratischen Rittersage, die genial die ornamentale Pracht der
ausgehenden Gotik mit der perspektischen Klarheit der neuen Raumkonzeption Bru-
nelleschis und Masaccios verknüpft. Lorenzo, der spätere Il Magnifico (der während der
Entstehung der Fresken gerade 10 Jahre alt ist), führt als idealisierter jugendlicher König
den Zug auf einem Schimmel mit den Wappen des Medici-Clans an, in seinem Gefolge
reiten Piero, sein Vater (auf dem nachfolgenden Schimmel mit roter Kappe), und dane-
ben Cosimo, der Großvater und Begründer der Dynastie. Gozzoli selbst ist im Hinter-
grund des Gefolges zu erkennen, sein rotes Käppi schmückte er mit einem selbstbe-
wussten Opus Benotii . In dem Ostkaiser Johannes VIII. Palaeologus und dem Patriar-
chen von Konstantinopel, Joseph II., die die anderen beiden Könige des mythischen Zu-
ges darstellen (beide waren 1439 Gast des päpstlichen Konzils zu Florenz), feiert Goz-
zoli das mediceische Imperium als den himmlischen Ort der Vereinigung von römischer
und griechischer Kirche. An den Seitenwänden jubilieren Engelschöre, die vierte Wand
ist auf ein kleines Sanktuarium ausgerichtet, dessen Altar eine gefühlsbetonte Anbetung
des Kindes von Filippo Lippi ziert (Kopie; Original in Berlin).
deren Statuen Michelangelo ihren
Charaktereigenschaften entsprechen-
de allegorische Liegefiguren bei-
gesellte. Dem herrischen, extrovertier-
ten Giuliano den Tag und die Nacht
(mit Mondsichel, Eule und Theater-
maske), dem grüblerischen, in Ge-
danken versunkenen Lorenzo den er-
wachenden jungfräulichen Morgen
und den an die Vergänglichkeit des
Lebens gemahnenden Abend. Seltsam
unwirklich und theaterhaft mutet das
alles an, eher wie ein Bühnenbild mit
antik kostümierten Chargen denn wie
eine Grabkapelle. Zwar konnten sich
nur mehr Päpste und Tyrannen
Michelangelos Spätwerke leisten, so
teuer waren sie, aber zu sehr hing
noch sein Herz an der unterge-
gangenen Republik, um den Triumph
der Medici-Dynastie verherrlichen zu
können.
Palazzo Medici-Riccardi &
Cappella dei Magi
Der Neubau von San Lorenzo sah
kaum seiner Vollendung entgegen, da
wälzte Cosimo il Vecchio bereits Bau-
pläne für einen neuen, angemessenen
Familiensitz. Zwischen 1444 und 1460
entstand nach Entwürfen Michelozzos
ein schlichter, aber monumentaler
Stadtpalast mit rustikaler Fassade und
einem System geheimer Fluchtwege,
den Cosimo aus weiser Bescheiden-
heit dem weitaus prachtvoller ausge-
fallenem Bauplan Brunelleschis vorge-
zogen hatte. Dennoch sorgte das Ge-
bäude natürlich für Aufsehen (damals
stand es noch frei zwischen niedrigen
Ziegelhäusern) und wurde zum Vor-
bild zahlloser anderer Palazzi.
Herzstück des Palastes ist die kleine
Privatkapelle der Medici im 1. Stock,
die Cosimos Sohn Piero il Gottoso
 
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