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der Dosierung. Kleine Häppchen,
über den Tag verteilt, sind verträgli-
cher als ausufernde Mammutpro-
gramme. Einen Tag nur an einer Piazza
verbringen, oder in einem begrenzten
Viertel, sich nur mit einem Thema, ei-
nem Kunstwerk beschäftigen, kann
weitaus faszinierender sein als „das
Ganze“ in möglichst kurzer Zeit abzu-
klappern und sich dabei die Seele und
die Lust aufs Wiederkommen zu ver-
derben.
Sich einen Ort suchen, als Bezugs-
punkt, Fluchtpunkt, Rückzugspunkt. Ei-
nen vertrauten Topos in diesem Laby-
rinth von Orten und Bedeutungen. Sei-
nen Ort. Das kann, das wird, für jeden
ein anderer sein. Und wenn man nur
jeden Tag einmal zum Mercato Centra-
le pilgert, zum Viktualienmarkt, und
sich inmitten der Fülle des prallen Le-
bens, von Tönen, Farben und Ge-
rüchen, von der überwältigenden Prä-
senz der versteinerten Vergangenheit
erholt. Oder die Boboli-Gärten . Das
Panorama der Piazzale Michelangelo .
Eine Flaniermeile. Eine Straßenecke in
Santa Croce. Ein kleines Café. Der
Domplatz ist kein solcher Ort. Und ein
Museum, speziell die Uffizien, eigent-
lich erst recht nicht.
Aber natürlich kann man sich auch
dort solch einen Ort suchen. Und im-
mer wieder zu ihm zurückkehren. Ei-
nen einzelnen Saal, ein einzelnes Bild,
eine bestimmte Statue. Besser aber
kein Museum. Sondern ein Ort, an
dem Vergangenheit zumindest noch
lebendig ist oder wenigstens imagi-
niert werden kann. Eine Kirche. Ein
Kloster. Ein Panorama.
Florenz für Fortgeschrittene
Und wieder muss gewarnt werden.
Wie viel Zeit sollte der Besucher für
Florenz einplanen? Drei, fünf, zehn Ta-
ge? Wie viel Eindrücke kann ein unvor-
bereiteter Besucher verkraften, wie
viele Museen, Kirchen, Statuen, Fres-
ken? Wann tritt das besagte Stendhal-
Syndrom ein, jener Zustand, benannt
nach dem französischem Schriftsteller,
der 1817 zitternd und weinend in den
Uffizien zusammenbrach?
Herzrasen, Schweißausbrüche, Er-
schöpfungsanfälle, Tränen. Von dieser
„anderen“ Art von Florenz-Erlebnis be-
richten nicht nur empfindsamere Ge-
müter wie Rainer Maria Rilke, der Ma-
ler Anselm Feuerbach oder eben be-
sagter Stendhal. Noch heute werden
tagtäglich - die Statistik der Kranken-
häuser und Ambulanzen belegt es -
Besucher der Stadt förmlich „umge-
worfen“ und müssen medizinische
und/oder psychologische Hilfe in An-
spruch nehmen. Ein Florenz-Besuch ist
also weniger eine Frage der Zeit als
Porcellinos Schnauze reiben -
wiederkommen
 
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