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Anlandung auf der Lästerallee
„Wer nun etwa geglaubt hat, er werde beim Betreten der Insel einen
einsamen Seestrand höchstens von einigen Lootsen und Fischern be-
lebt finden, der wird bald merken, daß er von einem grausamen Irr-
thum befangen war, denn erstens tönt ihm schon die unvermeidliche
‚Bademusik' entgegen, und dann wird er bald in der am Strand har-
renden Menschenmenge keineswegs Fischer, sondern lauter Badegäs-
te erkennen.
Wehe nun dem Unglücklichen, der, noch mit der Seekrankheit be-
haftet, das Boot verläßt und wankenden Schrittes durch die Gasse
geht, welche zwei Taue und die eng an einander gedrängten Bade gäs-
te bilden, oder der, noch selbst matt und elend, eine leidende Gattin
mit schiefgedrücktem Hut durch diese hohle Gasse führen muß.
Freundliche Grüße und Erkundigungen nach seinem Befinden werden
ihm von allen Seiten zu Theil. Kritiken seines ersten Auftretens auf der
Insel werden unverhohlen über ihn ausgesprochen. ‚Ei guten Tag, Herr
Müller', grüßt Einer von der Seite, ‚sind Sie auch da, Herr Schulze', ein
Anderer von jener Seite, und man nennt diesen Leidensweg nicht zu
Unrecht die Lästerallee.“
Aus: „Von Hamburg nach Helgoland“, 1856
 
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