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Zum Kaviar bitte einen Plastiklöfel!
Wie Sie sich auf eine Zeitreise durch die Wunder
der Sowjetküche begeben
Als ih Ende der Ahtzigerjahre zum ersten Mal nah Moskau reiste, um Russish zu
lernen, war die Stadt grau und monströs. Es gab keine Leuhtreklamen, dafür aber
viele Shlangen auf den Straßen. Manhe Moskauer stellten sih einfah an, ohne zu
wissen, was eigentlih angeboten wurde. Vorsorglih und instinktiv. Es wird shon ir-
gendwie zu gebrauhen sein. Sie fragten, was »ausgegeben«, niht etwa, was verkaut
werde. Daran ließ sih ablesen, dass die Mentalität der Planwirtshat das Land noh
fest in ihrem Grif hielt. Nur langsam wuhs eine Klasse privater Kleinunternehmer
heran. Mihail Gorbatshow, einer der bedeutendsten Reformer des 20. Jahrhunderts,
hate die Gründung sogenannter »Kooperativen« erlaubt: Elektriker, Anstreiher und
Dahdeker, Blumenverkäufer und Shokoladenhändler konnten nun oiziell auf ei-
gene Rehnung arbeiten.
Dennoh war Deizit das Wort der Stunde. Die Menshen im Westen, insbesondere
in Deutshland, verehrten »Gorbi« als Held. Wie konnte es anders sein. Er hate
ihnen die Angst genommen, dass aus dem »Kalten« irgendwann einmal ein »Heißer
Krieg« werden könnte. Seine Politik hate die Vereinigung Deutshlands möglih
gemaht. In Russland aber ingen die anfänglih von Gorbatshow begeisterten Leute
allmählih an, ihn zu hassen. »Glasnost«, übersetzt Ofenheit, hate zwar größere
Freiheiten sowie interessanteres und kritisheres Fernsehen gebraht, die »Peres-
troika« aber, der Umbau der maroden Wirtshat, kam niht voran. Die Geshäte
waren leer. Bald gab es sogar ein Deizit an Brot und Zigareten.
Nie werde ih vergessen, wie ih an meinem ersten Wohenende an einem heißen
Sonntag im Juli durh das Zentrum vom Moskau shlenderte und nah einem Res-
taurant suhte. Einige Namen kannte ih aus meinem Russishlehrbuh, und sie
klangen verheißungsvoll: das »Usbekistan«, benannt nah der damaligen Teilrepub-
lik, das »Aragwi«, ein georgishes Restaurant, und der »Slawjanskij Basar«, der
Slawishe Basar. Vor der Revolution war das Restaurant, das zu einem renommierten
Hotel gehörte, Trefpunkt bekannter Künstler gewesen, wie des Komponisten Pjotr
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