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Kaum waren die Kommunisten an der Maht, jubilierte der Dihter Majakowskij:
»Genug des lauen Gewinsels, wert ab die rostigen Keten, die Straßen sind unsere
Pinsel, die Plätze unsere Paleten.« Neue, kühne Gebäude würden die neue Zeit
verkünden. Die Christus-Erlöser-Kathedrale also, das Symbol der Maht der ortho-
doxen Kirhe, musste vershwinden. An ihrer Stelle sollte der vom Arhitekten Boris
Iofan (1891-1976) entworfene »Palast der Sowjets« stehen: 420 Meter hoh, mit einer
siebzig Meter großen Leninstatue an der Spitze und einer Kongresshalle für 21000
Menshen. Moskau sollte als Hauptstadt der Welt erstrahlen.
Spazieren Sie nun auf die andere Flussseite und legen Sie auf der Terrasse eines
der Restaurants in der stillgelegten Shokoladenfabrik »Roter Oktober« mit ihren
trendy Galerien und Kneipen eine Pause ein. Die Moskau ließt an Ihnen vorbei.
Neben der Fabrik liegt das berühtigte »Haus am Ufer«, eine andere sozialistishe
Arhitekturlegende, in ihrem Rüken hat Mihael Below ein Hohhaus gebaut.
Below ist einer der Baumeister des neuen Moskau. Sie haben ihn shon in seiner
Trabantensiedlung Monolith kennengelernt. In Sihtweite des Kreml darf er das
»Haus des Imperiums« ershafen, ein zwölfstökiges Wohngebäude mit einem
ahtzehn Stokwerke hohen Turm, das nahtlos an die Monumentalgebäude der Stal-
inzeit anknüpt. »Es ist shreklih, das zu sagen«, zögert Below einen Moment,
»aber es ist dennoh wahr: Mussolini, Stalin und Albert Speer haten einfah einen
guten Geshmak.« Den politish korrekten ideologishen Überbau für sein Imperi-
umprojekt hat Below auh parat: »Ih betreibe die Destalinisierung der Neok-
lassik«, erklärt er. Anstelle des gewaltigen Imperiumpalastes sollte einmal ein ver-
spieltes »Haus der Avantgarde« stehen, dessen einzelne Flügel nah Motiven der ab-
strakten Maler Kandinski, Malewitsh, Rodtshenko und Popowa geplant waren,
eine Art Moskauer Friedensreih-Hundertwasser-Haus. Doh der mähtige Bürger-
meister Jurij Lushkow stoppte das Projekt. Auh dies markiert die Zeitenwende,
Imperium also stat Avantgarde. Shluss mit den freigeistigen Experimenten der
Neunzigerjahre, als Boris Jelzin die Staatswirtshat privatisierte, die Provinzen er-
munterte, sih so viel Freiheit zu nehmen, wie sie wollen, und Demonstrationen sow-
ie eine kritishe Presse erlaubte.
Nur hundert Meter vom Haus des Imperiums entfernt, thront auf einer
Landzunge eine Statue Peters des Großen. Der damalige Bürgermeister Lushkow
hat sie in den Neunzigerjahren von seinem Freund, dem Künstler Zurab Zereteli,
errihten lassen. Das Denkmal ist in doppelter Hinsiht masohistish: Es shmerzt,
es anzushauen, so hässlih ist es. Und es ist dem Mann gewidmet, der Moskau für
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