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Einsames Cofete -
eine Fluchtburg
für Nazigrößen?
Die Villa Winter ist geheimnisumwittert: eine einsame Fes-
tung am Hang des Jandía-Massivs, angelegt im Stil von Hit-
lers Berghof in Berchtesgaden mit mächtigem Aussichts-
turm. Geht man um die Villa herum, kommt man zu einem
vernachlässigten, mit alten deutschen Apparaturen vollge-
stellten Garten. Hühner springen umher, Rosa, die „Mu-
seumswächterin“, hängt Wäsche auf. Skeptisch betrachtet
sie jeden Besucher, bevor sie ihn an der Seite von Capitán,
ihrem geliebten Hund, einlässt. Durch ein morsches Holz-
portal gelangt man in einen pflanzenumwucherten Patio,
von dem alle Räume abgehen. Schmuckstück ist der große
Salon mit Kamin und fantastischer Terrasse - der Zugang
zu den unterirdischen Stockwerken bleibt verwehrt.
Don Gustavo, wie die Frau den deutschen Militäringe-
nieur voller Ehrfurcht nennt, hat die Villa wahrscheinlich
noch im Krieg erbauen lassen, als die Regierungen
Deutschlands und Spaniens beste Kontakte unterhielten.
1937 war Gustav Winter mit einem von Franco-Offizieren
genehmigten Pachtvertrag auf Jandía eingetroffen, um so-
gleich mit Stacheldraht weite Teile der Halbinsel abriegeln
und bewachen zu lassen. An der Südwestspitze wurde ein
Militärflughafen angelegt; dieser ist heute nicht mehr funk-
tionsfähig, aber man sieht ihn noch auf der Strecke von der
Punta de Jandía zur Punta Pesebre.
Den Bewohnern präsentierte sich Winter teils als wohl-
wollender Patriarch („un Kaiser bueno“), teils als Despot.
Er sicherte sich die Hälfte ihrer Einkünfte, kümmerte sich
aber auch um ihre medizinische Versorgung und schuf Ar-
beitsplätze. Menschen auf „strategisch wichtigen“ Grund-
stücken wurden nach Morro Jable zwangsumgesiedelt, wo
unter der Schirmherrschaft Görings der Bau einer Fisch-
fabrik geplant war - doch hat Winter dieses Vorhaben nie
realisiert. Stattdessen legte er eine Tomatenplantage bei
Casas de Jorós an und organisierte den Export von Zie-
genkäse nach Gran Canaria.
Da die spanische Regierung die Akten aus der Franco-
Zeit noch immer nicht freigegeben hat, bleibt man bei
dem Versuch, die Aktivitäten Winters zu deuten, auf
Gerüchte und Vermutungen angewiesen. Was sich viel-
leicht schon bald als Faktum herausstellt, wird deshalb hier
nur „erfragt“:
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