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Asiaten diesen Gefahren begegnen. Einen Helm aufsetzen? Den Gurt anlegen?
Wozu? Der Gedanke, der hinter dieser Gleihgültigkeit steht, lautet: »Wenn das
Shiksal für mih vorsieht, dass ih bei einem Unfall sterbe, dann kann mih auh
ein Helm davor niht shützen.« In kaum einem Wagen wird man einen Erste-Hilfe-
Kasten oder ein Warndreiek inden. Es steht allerdings mit großer Wahrsheinlih-
keit ein Buddha auf dem Armaturenbret, oder es hängt ein magishes Amulet am
Rükspiegel.
Die Shiksalsgläubigkeit ist jene Eigenshat der Asiaten, die für mih am shwi-
erigsten zu akzeptieren ist. Es gibt in meinem Umfeld in Kambodsha so viele
Menshen, die im Unglük leben und sih mit wohliger Lethargie dem Lauf der
Dinge fügen. Und das maht mih wütend. Ein Beispiel: Die ältere Shwester meiner
Frau arbeitet als Prostituierte und ist mit HIV iniziert. Sie hat alle Möglihkeiten
bekommen, der Prostitution zu entkommen. Touristen haben sie mit Geld unter-
stützt, Nihtregierungsorganisationen haben sie mit Essen und Medikamenten ver-
sorgt und ihr Umshulungen und eine Shulbildung angeboten. Sie hat alle Möglih-
keiten verstreihen lassen. Sie sagt, dass sie khojd sei, shleht, bereits kaput, niht
mehr zu reten, mein Shiksal ist eben, eine Prostituierte zu sein, sagte sie. Ih will
niht kleinlih sein: Wenn sie gern für sih unglüklih sein möhte, dann darf sie
das natürlih. Doh Menshen sind keine Inseln. Sie zieht ihren Sohn und ihre
Geshwister mit in die Misere. Ih inde, sie hat die verdammte Pliht, sih um ihr
Leben zu kümmern. In meinen Augen maht sie es sih einfah - wenn sie sih
tatenlos in ihr Shiksal fügt.
Wenn ih in Phnom Penh betelnde Kinder an einer Ampel sehe, die zwishen
grell lakierten Humvees und Porshe herumlaufen, dann wird mir shleht. Meine
buddhistishen Freunde, völlig frei vom hristlihen Ideal der Gleihheit, sagen, das
sei eben Karma.
Muss ih das tolerieren? Muss ih einsehen: Es handelt sih um eine fremde Kul-
tur, ih verstehe das niht, ih sollte mih niht darüberstellen - ih müsste das alles
ganz einfah tolerieren? Ganz ehrlih - ih mag das Wort Toleranz niht. Es
bedeutet, etwas zu ertragen, zu erdulden. Es ist niht weit entfernt vom Wort »ig-
norieren«. Mih beshleiht ot der Verdaht, dass die Toleranz nur eine bequeme
Ausrede ist, um der Auseinandersetzung mit Menshen aus anderen Kulturen aus
dem Weg zu gehen. Denn Auseinandersetzung, das heißt ja: Stellung beziehen, re-
den, streiten, diskutieren, lernen. Das kann nur, wer weiß, was seine eigenen Werte
sind. Und ih glaube, hier liegt das Problem: Vielleiht legen wir im Westen nur de-
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