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shalb so viel Wert auf die sogenannte Toleranz, weil wir niht wissen, was unsere ei-
genen Werte sind, was unsere Kultur ist, für was wir einstehen wollen: Facebook?
Goethe? Selbstironie? Die Rentenversiherung? Lebensabshnitspartnershaten?
Es ist niht einfah, toleriert zu werden - es maht einen wahnsinnig, wenn man
in einem fremden Land lebt, in dem jeder so tut, als sei man gar niht anders. Ih
weiß das, denn ih werde in Kambodsha ständig toleriert. Es dauerte aber eine
Weile, bis ih diesen Zusammenhang verstanden hate. In jener Ofenheit, mit der
Sreykeos buddhistishe Gemeinde mih an den Ritualen teilhaben ließ, sah ih
zuerst eine alles umfassende Menshenliebe. Doh mit der Zeit stellte ih fest, dass
meine Andersartigkeit shliht ignoriert wurde. Übersehen konnte sie ja niemand:
Ih bin weiß und groß, die Kambodshaner braun und klein. Wenn sie über mih re-
den, fragen sie meine Frau: »Was isst er denn?«, als sei ih ein exotishes Haustier.
Sie reden in der driten Person über mih, während ih anwesend bin - genauso wie
die Deutshen in der driten Person über Sreykeo sprehen, wenn wir in meinem
Heimatland sind. Doh über meine Andersartigkeit reden sie nur untereinander -
niemand redet mit mir persönlih darüber. Wahrsheinlih, weil sie meine Gefühle
niht verletzen wollen.
Irgendwann kränkte mih das und ih beshloss, von nun an zu sagen: »Ih bin
anders als ihr. Sorry. Ihr müsst jetzt damit klarkommen. Ih erkläre es euh aber
gerne.«
Es war auf der Beerdigung eines Menshen, den ih und meine Frau sehr geliebt
hatten. Auf unserem Grundstük auf dem Land führten wir ein Begräbnisritual
durh. Wir kauten Holz für einen Sarg, den wir selbst zusammenzimmerten, und
verbrannten den Toten auf einem Sheiterhaufen in unserem Garten.
Nahdem der Haufen abgebrannt war, sammelten wir die Knohenreste und
legten sie in eine Urne. Den Rest der Ashe shmissen wir in einen kleinen Fluss,
der hinter dem Haus entlangließt. Ih fühlte mih shleht. Ih hate die Ashe des
Toten in den Haaren und unter meinen Fingernägeln. Ih lit. Es war gut so. Ih
wollte einfah Abshied nehmen. Nah der Einäsherung kamen die Mönhe in un-
ser Haus. Ih wusste, was jetzt kommen würde. Das üblihe Rezitieren der suta,
danah eine Glüksdushe, um uns und unser Haus vom Unglük reinzuwashen,
als sei es eine anstekende Krankheit, von der wir und das Gebäude dringend desin-
iziert werden müssten.
Ih wollte eigentlih allein sein, mahte dann aber doh mit, um durh meine Wei-
gerung niemanden zu provozieren. Wir knieten mit einigen Nahbarn im Meerjung-
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