Travel Reference
In-Depth Information
dem viele völlig unkambodshanishe Verhaltensweisen. Zum einen bin ih den gan-
zen Tag im Haus. Für Kambodshaner ist ein Haus zum Shlafen da, damit einen
die Moskitos niht stehen, damit man nahts sein Auto ins Wohnzimmer fahren
kann oder damit man angeben kann. Aber tagsüber ist man draußen und plaudert
mit den Nahbarn, das Leben indet auf der Straße stat. Ih dagegen sitze den gan-
zen Tag bei geshlossenem Fenster und eingeshalteter Klimaanlage an meinem
Laptop und tippe.
Ih habe ot versuht, meinen Nahbarn zu erklären, dass ih damit mein Geld
verdiene: Ih shreibe Zeugs auf meinem Laptop, das ih per E-Mail nah Deutsh-
land shike, und dann gibt mir jemand Geld dafür, das ih mit der EC-Karte am
Geldautomaten abholen kann.
Wenn ih meinen Nahbarn diesen Zusammenhang erkläre, ernte ih meist ein
ratloses Läheln. Und dann wehseln wir das hema.
Ih kann sie verstehen. In der Straße wohnen Moto-Taxi-Fahrer, Holzhändler, ein
Arzt, Lehrer und Polizisten. Die fahren morgens auf ihrem Motorroller zur Arbeit
und kommen abends vershwitzt nah Hause. Am Monatsende kehren sie mit von
Gummibändern zusammengehaltenen Geldbündeln nah Hause, die ihnen ihre
Frauen sofort abnehmen. Meine Art des Gelderwerbs muss ihnen höhst abstrakt
vorkommen.
Und dann plege ih noh weitere seltsame Gewohnheiten. Ih lese zum Beispiel
Büher. Das inden meine Nahbarn zwar in der heorie löblih - in der Praxis sind
sie aber eher der Ansiht, dass Büher etwas für Eigenbrötler sind, die keine Freun-
de haben, um die ganzen anderen Dinge zu tun, die für kambodshanishe Männer
das Leben lebenswert mahen: mit Karten um Geld spielen. Oder mit freiem
Oberkörper vor dem Haus sitzen und Dosenbier trinken. Oder in einem Karaoke-Bi-
ergarten Lieder singen, die meistens davon handeln, dass ihre Geliebte jemanden
gefunden hat, der mehr Geld hat. Man könnte mih also als Integrationsverweigerer
bezeihnen. Verständlih, dass ih den Kindern unheimlih bin.
Siherlih würde ih ein sehr isoliertes Dasein in Kambodsha fristen, wenn es
niht drei Menshen gäbe, die immer ein gutes Wort bei meinen Nahbarn für mih
einlegen: meine Kinder. Sie spielen den ganz Tag auf der Straße, plappern Khmer,
Deutsh und English durheinander und kehren abends braun gebrannt nah
Hause zurük, mit vershrammten Knien, shmutzigen Füßen und rotzigen Nasen.
Dafür werden sie von meinen Nahbarn als ehte Kambodshaner angesehen. Sogar
Search WWH ::




Custom Search