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oder vom ehemaligen Freund redet. Alleine sein unter Menshen, darum geht es im
Café. Der argentinishe Philosoph Rodolfo Kuh shreibt: »Es gibt wohl keine typis-
here Erfahrung in Buenos Aires als die, am Tish eines Cafés zu sitzen und über das
Vorbeilaufen der Menshen vor dem Fenster nahzudenken.«
Es gibt angeblih 8000 Cafés in Buenos Aires. Es gibt die berühmten, das Tortoni,
das La Biela, das Las Violetas, die Conitería Ideal. Holzvertäfelte Wände, große
Spiegel, Washbeken aus Marmor: Ja, diese Überbleibsel aus der argentinishen
Belle Epoque muss man gesehen haben. Shließlih haben da die Patrioten gegen den
spanishen Vizekönig die Mai-Revolution von 1810 ausgehekt, shließlih haben da
die Borges und die Cortázars ihre Büher geshrieben. Per Gesetz ist 1998 sogar die
Comisión de Protección y Promoción de los Cafés, Bares, Billares y Coniterías Not-
ables de la Ciudad de Buenos Aires geshafen worden, die »Kommission zur Erhal-
tung und zur Förderung der würdigen Cafés, Bars, Billardsalons und Koniserien
der Stadt von Buenos Aires«. Sie veröfentliht und aktualisiert ständig ein Verzeih-
nis der traditionellen Cafés, organisiert dort umsatzfördernde Lesungen und Tan-
goabende und leistet Hilfestellung bei der Restaurierung.
Aber der Geist des »Cafetín de Buenos Aires« lässt sih auh in jenen klimaan-
lagengekühlten Ketencafés mit ihrem Franhiseketendekor erspüren, die seit den
Menem-Jahren immer mehr und mehr geworden sind.
Es gibt in jedem Café, das diesen Namen verdient, die aktuellen Zeitungen, und
es gibt einen Fernseher, der in der Eke hängt und die aktuellen Staumeldungen an-
zeigt. Es gibt einen Mann an der Kasse - meistens ist es ein Mann -, der den Kell-
nern die Bestellungen boniert und die Rehnungen maht. Zigareten gibt es übri-
gens im Café niht mehr, seitdem Buenos Aires, buhstäblih über Naht, 2005 das
Rauhen in öfentlihen Gebäuden abgeshaft hat. Dass solhe Dinge ohne Murren
und ohne Ausnahmen einfah durhgesetzt werden, trägt zur grundsätzlihen Un-
verständlihkeit des Landes bei - erklärt aber, warum Argentinier bisweilen als die
»Preußen Südamerikas« gelten.
Die Hauptperson im Café ist übrigens niht etwa der Gast, sondern der mozo, der
Kellner. Wer in Buenos Aires kellnert, hat niht - wie etwa in Berlin - ein Studium
oder ein sonst wie wihtiges Projekt laufen, das er durh das mal mehr und mal weni-
ger engagierte Herumlungern in bauhfreier Kleidung inanziert. Der Kellner sieht
sih in Buenos Aires als Vertreter eines ehrenwerten Berufsstandes. Seine Kellnerehre
baut auf vier essenziellen Dingen auf:
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