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der Eltern verrichten, deren einziges Kind er geblieben war. Wenn er mit dem Pferdewagen ausfuhr, den
er sich von meinem Stiefvater ausgeliehen hatte, um die Ernte, das Stroh und das Heu einzubringen, bat
er mich oft mitzukommen.
Wenn der Hermann aufgeregt war, stotterte er. Er sprach wenig. Was er sagte, unterstrich er immer mit
Hand- oder Kopfbewegungen, oder er wiederholte seine Worte, aus Sorge, man könne ihn nicht richtig
verstanden haben. Das war einer der Gründe, warum er mit Mädchen selten oder gar nicht in Kontakt
kam. Er hatte Angst, sie würden ihn auslachen. Er war sehr schüchtern.
Als wir auf dem Feld ankamen, setzten wir uns ins Gras, tranken vom Haustrunk, dem dünnen, verwäs-
serten Wein, und redeten miteinander. Hermann stotterte wieder und wirkte aufgeregt. Dann nahm er
auf einem Stein unter einem schattenspendenden Apfelbaum Platz. „Setz dich neben mich“, bat er. Ich
gehorchte. Er spreizte seine Oberschenkel, nestelte am Hosentürl seiner blauen Leinenhose, zog sein er-
regtes Glied aus dem Hosenschlitz und rieb mit der rechten Hand daran. Ich war ganz verwirrt, wusste
nicht,wasdaszubedeutenhatte,ichwarsoebenneunJahrealtgeworden,standinstinktivauf,dannsag-
te er mit stotternder und zittriger Stimme: „Ehe wir mit der Arbeit beginnen, tun wir es einmal.“ Dabei
zog er mir mit einem Ruck meine kurze Sommerhose runter. Ich bekam Angst.
Schnell zog ich meine Hose wieder rauf und lief davon. Weit hinaus auf das freie Feld. Stolperte über
dieMaulwurfshügelundbliebmitdemFußineinerderharten,ausgetrocknetenFurchenstecken,diedie
RäderdesPflugesindieErdegetriebenhatten.IchfielzuBodenundzerstachmirandenscharfkantigen
Getreidestoppeln Gesicht, Hände und Beine. An allen entblößten Körperteilen hatte ich blutige Kratzer.
Laut schrie hinter mir der Hermann: „Komm her, komm zurück, sonst sag ich es deinem Vater!“
Hermann wusste, welche Angst ich vor meinem Stiefvater hatte. Ich sah schon dessen wuterglühte Au-
gen vor mir und seine hochgereckte Hand, die auf mich einschlug, und so ging ich wieder zu Hermann
zurück und ließ alles mit mir geschehen. Nach einiger Zeit quoll aus der Eichel seines erregten Gliedes
eine dicke, weiß-gelbliche, nach Eiter aussehende, zähe Flüssigkeit, die er mit einem Grasbüschel, das
ermitderHandausdemBodenriss,wegwischte,bevorerseingeschrumpftesGliedindieHosezurück-
steckte. „Wenn du das jemandem erzählst“, sagte er, „dann wirst du in die Hölle kommen.“ Davor hatte
ich noch mehr Angst als vor den Schlägen meines Stiefvaters. Hatte ich doch eine Todsünde begangen.
Mea culpa, mea culpa.
Beim Nachhauseweg saßen wir nebeneinander auf dem Leiterwagen und sprachen kein Wort. Seinen
Blicken wich ich aus, konnte sie nicht ertragen, fühlte mich schuldig.
Ich hatte das Gefühl, dass alle Leute aus dem Dorf, denen wir auf unserem Pferdewagen begegneten, in
meinem Gesicht erkennen könnten, was ich soeben gemacht hatte. Alle wissen sie von dieser Schande,
dachte ich, und werden es meinem Stiefvater erzählen. Und es wird auf den Bänken vor den Häusern
dieRundemachen. DerHerrgotthatesauchgesehen.Schämte michschonjetzt beiderVorstellung, wie
ich es am Sonntag dem Pfarrer Gregor Bolognia beichten würde. Er würde, das wusste ich, ganz genau
fragen, wie es geschehen war, was ich dabei gedacht hatte und ob ich die Sünde auch wahrhaft bereue;
ganz sicher würde er in diesem Fall auf eine genaue Schilderung des Begehens der Sünde bestehen.
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