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aber auch eine ideologische Konformität zur Konsequenz. Schon am Eigennamen ließ sich
oftmals die Konfession ablesen. Weil Sicherheit großgeschrieben wurde, konnte bereits ein
katholischer Schulbusfahrer als Risiko erscheinen.
Im Belfaster Parlament mit seinen 52 Abgeordneten wurden die inneren Angelegenheiten
Nordirlands debattiert, während außen-, finanz- und verteidigungspolitische Belange weiterhin
von Westminster aus geregelt wurden. Bis 1948 besaß Nordirland 13 Sitze im britischen
Parlament, nach der Abschaffung der parlamentarischen Vertretung der Belfaster Queen's
University nur noch zwölf. Zwischen 1922 und 1966 saßen insgesamt 62 Personen als
nordirische Abgeordnete in Westminster, davon waren 56 Unionisten, die überwiegend aus dem
Bankwesen und dem Geschäftsleben kamen.
Der Nordirlandkonflikt und die Folgen
Bis der Nordirlandkonflikt in den Jahren um 1970 eskalierte, bauten sich auf
unionistischer und nationalistischer Seite kaum noch kontrollierbare Spannungen auf. Terence
O'Neill versuchte, Ulster im internationalen Wettbewerb gegen die deutsche und japanische
Konkurrenz im Schiffbau und in der Textilherstellung zu stärken, gesellschaftliche und
(land-)wirtschaftliche Strukturen zu modernisieren und die Konfliktparteien davon zu
überzeugen, dass nur ein befriedetes Ulster mit normalisierten Beziehungen zur Republik im
Interesse aller Iren sein konnte. Er plante, Wachstumszonen zu schaffen, internationale
Unternehmen durch Steuerbefreiungen anzulocken, in Coleraine eine zweite nordirische
Universität zu gründen, die Schulen, die Vergabe von Sozialwohnungen und den Arbeitsmarkt
von den konfessionellen Fesseln zu lösen sowie schließlich den Dialog mit dem Taoiseach der
Republik, Sean Lemass, zu suchen. Doch diese Pläne wurden von allen Seiten angefeindet. Den
einen war O'Neills Programm zu protestantisch, den anderen kam es einem Verrat an Ulster
gleich. Unter den Ersteren bildeten sich diverse katholische Bürgerrechtsbewegungen, die nach
amerikanischem Vorbild den Druck der Straße als Mittel des politischen Engagements
einzusetzen suchten.
Nun begannen in Nordirland die Protestmärsche, auf die regelmäßig
Gegendemonstrationen folgten. Schon ein Zug katholischer Demonstranten durch vorwiegend
von Protestanten bewohnte Stadtteile oder der umgekehrte Fall wurden als Provokation
empfunden. Die überforderte Polizei schritt unverhältnismäßig brutal ein. So ging das Vertrauen
in das Funktionieren der staatlichen Sicherheitsorgane verloren. Bogside, ein ausschließlich von
Katholiken bewohnter Stadtteil in Londonderry, und Shankill Road, das Zentrum des
protestantischen Arbeiterviertels von Belfast, wurden zu Festungen. Die Benachteiligung der
nordirischen Katholiken, die sich in der Aufteilung der Wahlkreise, der Zuteilung von sozialem
Wohnraum und auf dem Arbeitsmarkt zeigte, teilte manche Gemeinsamkeiten mit der
Diskriminierung der schwarzen Bevölkerung in den USA in den 1950er und 1960er Jahren.
Martin Luther Kings Bürgerrechtsbewegung inspirierte deshalb auch viele Iren, aber sein Aufruf
zum gewaltlosen zivilen Ungehorsam verhallte nicht nur in Amerika.
Denn ab 1969, dem Jahr nach dem Attentat auf King, verschlechterte sich das politische
Klima zusehends auch in Nordirland. Anfang 1970 spaltete sich die IRA in die «Provisionals»,
die auf Gewalt und terroristische Aktionen setzten, und die «Officials», Anhänger einer
sozialistischen Politik. Parallel dazu entstanden Bruchlinien in der Partei Sinn Féin. Im täglichen
Kampf gegen die Polizei (Royal Ulster Constabulary) wuchs die Sympathie der katholischen
Bevölkerung für die «Provisionals». Die Provisional IRA hatte sich dem Ziel verschrieben, Irland
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